Hinweis

Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.

Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Los geht's

Multimedia-Doku: Die Puppenchronik

Logo https://musiktheater.pageflow.io/puppenchronik

Start

Das Musiktheater im Revier (MiR) hat vor drei Jahren die Sparte Puppentheater gegründet und ist damit weltweit einzigartig. Am MiR bekommt das Jahrhunderte alte Figurentheater einen Platz auf den Bühnen der Gegenwart. Dass es auch genau dort hingehört, hat die Sparte in bisher zehn Produktionen unter Beweis gestellt.

Diese interaktive Reportage stellt die Puppen und ihre Spieler*innen vor, zeigt, was Oper und Puppenspiel trennt und eint, was Puppen erzählen können und wie ihre Spieler*innen mit dem Musiktheater im Revier zusammengewachsen sind.

Kapitel 1: Start
Kapitel 2: Die Idee
Kapitel 3: Die Menschen
Kapitel 4: Die Ergebnisse
Kapitel 5: Ausblick
Zum Anfang

Die Idee

1) "Die Puppe darf Dinge sagen und Dinge tun, die wir einem Sänger oder auch vielleicht sogar einem Schauspieler nicht verzeihen würden [...] eine Puppe darf hässlich sein [...] da kann man extremer mit sein." Das heißt, die Puppe bietet ganz andere Möglichkeiten.

2) "Die Puppe erfährt seit wenigen Jahren eine unglaubliche Renaissance". Trotzdem gibt es bislang kaum Puppenspiel an Musiktheatern.

3) Puppen sind nicht nur etwas für Kinder: "Wenn man schon alleine das Spektrum der Möglichkeiten dessen auffächert, was eine Puppe, eine Figur oder ein Objekt sein kann, dann stellt man schnell fest, dass man sehr nah an den Geschichten ist, die man für Erwachsene erzählen kann."

Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Michael Schulz:

Zum Anfang
Gloria Iberl-Thieme hat die Sparte von Anfang an begleitet und ist seit der Spielzeit 20.21 deren Leiterin. Im Interview erzählt sie wie sich die Sparte entwickelt hat und was noch kommt.
Zum Anfang
1) Im Puppenspiel „laufen viele Dinge über Improvisation“. In der Oper „richte ich mich nach den Vorgaben der Partitur“.

2) Puppen haben ein „anarchisches Element“ und genießen Narrenfreiheit.

3) Puppen können alles sein, vom elaborierten Kunstwerk bis zur naiv gebauten Figur: "An sich gibt es alles schon, Puppenspiel ist dermaßen vielfältig und die Leute sind weltweit und über Jahrhunderte schon so kreativ gewesen [...]".

Zum Anfang

Die Menschen

Gloria Iberl-Thieme war das erste feste Mitglied des Ensembles, heute ist sie die Leiterin der Sparte. Mit ihr bilden Daniel Jeroma und Merten Schroedter die Sparte Puppentheater. Pro Spielzeit kommen außerdem Studierende der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch ans Haus. Jede*r Puppenspieler*in hat eine eigene Geschichte mit dem Figurentheater, die Sie über die Bilder anklicken können.
Zum Anfang
Zum Anfang

Hier erzählen vier Puppenspiel-Studierende aus der Spielzeit 2019.20 von ihrem Jahr am MiR und was sie dort besonders überrascht hat.

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang

Vollbild
Wie es wohl ist, vor einem Saal zu spielen, der bis auf den letzten Platz besetzt ist? Wie es sich anfühlt, mehrfach in der Woche die gleiche Rolle zu spielen? Das sind Fragen, die für Seth Tietze und Marharyta Pshenitsyna in ihrem Jahr am Musiktheater im Revier offen geblieben sind. Das war geprägt vom zweiten Corona-Lockdown im Winter 2020, von Ausgebremst-Werden und von vielen Absagen.

Im Spätsommer 2020 beginnt die neue Spielzeit mit drei Premieren, die kurz nacheinander gezeigt werden sollen und so einem Sprint gleichkommen: "Black Rider", "L´Orfeo" und "Rico, Oskar und die Tieferschatten". Für die Spieler*innen bedeutet das, dass nach der Premiere das Proben für die nächste Premiere nahtlos weiter geht. Es gibt viel zu tun. Das Stück "Black Rider" findet besonders viel Resonanz im Publikum, auch andere Puppenspieler*innen der Sparte schwärmen davon. Es kann aber nur einige Male gezeigt werden. Im Oktober werden die Theater in Deutschland wieder geschlossen. Seth Tietze erinnert sich: „Ich habe das erst erfahren als ich wieder hergefahren, auf dem Parkplatz auf der Autobahn. Das hat mich kalt erwischt.“ Das Stück „Rico , Oskar und die Tieferschatten“ wird im Dezember kurz vor dessen Premiere abgesagt und stattdessen in die nächste Spielzeit verschoben. Im Winter 2020 geht das Theater dann erneut im Lockdown so wie alle anderen Theaterhäuser auch.

„Wir waren zwischendurch in einer Phase, wo das Theater in der Luft hing, weil es noch keine Entscheidungen von der politischen Ebene gab, das war dann immer so ein bisschen von Tag zu Tag.“ Und dann geht es im Februar 2021 von einem Tag auf den nächsten weiter. In wenigen Wochen soll "Avenue Q" Premiere feiern und wieder gibt es viel zu tun. Für musikalische Einstudierung und szenische Proben bleibt nur wenig Zeit. Das ist für die Puppenspieler*innen wie ein Sprung ins kalte Wasser, Seth Tietze: „Wir hatten zwar Gesangsunterricht im Studium, aber das war überhaupt nicht der Fokus und in dem Arbeitsfeld Musiktheater ist das schon so wie ein Mal vom Zehn-Meter-Turm springen.“

In einer Zeit, in der so viel ausfallen muss, wissen es die Puppenspieler*innen sehr zu schätzen, dass sie viele praktische Erfahrungen sammeln dürfen während für viele andere Studierende der Unterricht online stattfinden muss: „Es ist sehr privilegiert, hier zu sein, Geld zu bekommen, zu spielen, zu proben und Leute zu treffen“, findet Marharyta Pshenitsyna.

Und trotzdem, die Puppenspieler*innen werden wohl auch ein wenig wehmütig gehen, denn manche Fragen sind für sie offen gelieben. Seth Tietze, der den Austausch mit dem Publikum vor Ort schätzt wird „wahrscheinlich nie erfahren wie es ist im MiR auf der großen Bühne vor einem vollen Saal zu spielen…“
Schließen
Zum Anfang
Der Darsteller Benjamin Hoffmann führte in "Drei miese fiese Kerle" die "karierte Katze". Das war sein erstes Mal. Im Interview erzählt der Darsteller was er besonders beachten musste, wenn er mit Puppe auf der Bühne steht.
Zum Anfang
Kein Puppentheater ohne Kostüm oder Puppenbau. Letzteres ist eine eigene Kunstform, die wie das Puppenspiel selbst eine lange Tradition hat. Das Musiktheater im Revier hat bisher keine eigenen Puppenbauer*innen. So entstanden viele Puppen für die bisherigen Produktionen in externen Werkstätten, doch auch die Gewerke am Haus haben Puppen entworfen, gebaut und repariert. Oder haben ihnen als Tonmeister eine Stimme gegeben.
Hinter den Kacheln verbergen sich die Stimmen hinter den Kulissen, die davon berichten, wie sie sich den neuen Herausforderung stellen.


Zum Anfang

Die Ergebnisse

Marionette, Klappmaul-Puppe, Papierpuppe oder Menschenpuppe: Figurentheater ist vielseitig und flexibel. Die neue Sparte Puppenspiel experimentiert mit den Möglichkeiten des Zusammenspiels von Oper und Puppenspiel. Das zeigen die bisherigen Produktionen der neuen Sparte. Sie stellen vor, was Puppen und Figuren sein können, wie man sie führen kann, welchen Platz sie in einem Stück oder auf der Bühne einnehmen können, wie ihr Spiel entsteht und wie es im Zuschauerraum wirkt.
Erfahren Sie auf den nächsten Seiten mehr zu den Spielzeiten mit der neuen Sparte Puppenspiel.

Zum Anfang
Die Puppen erobern die Bühne in Gelsenkirchen. In der Kinderoper „Drei miese fiese Kerle“ lernt Benjamin Hoffmann vom Opernstudio wie man eine Klappmaulpuppe führt, zusammen mit drei Puppenspielerinnen wird das Frankenstein-Monster zum Leben erweckt. Die Puppen in der „Winterreise“ werden teils aus Zeitung gebaut und suchen sich, da die Pandemie die Premiere platzen ließ, eine neue Bühne vor der Kamera. Die Vierfüßler-Puppen in dem Märchen  „Perô oder die Geheimnisse der Nacht“ verzaubern und brauchen dafür nicht mal Mimik.
Zum Anfang
Die Pandemie hatte auch das Theater im Griff, doch im Sommer 2020 wurde wieder gespielt. „Black Rider" und „Orfeo“ feierten Premiere, mit Abstand und mit Masken. Da einige Premieren abgesagt wurden, entwickelte die Puppenspiel-Sparte zusätzlich Videos, mit denen sie das Figurentheater in die digitale Welt brachte. Eine Frage, die diese Spielzeit durchzieht: Wie kommen wir zusammen?
Mit dem Kinderstück "Das musikalische Einhorn", einer mobilen Fensterproduktion, kann das Puppenspiel-Ensemble Kinder in und um Gelsenkirchen erreichen.
Zum Anfang
Das Theater kehrt zurück und die Puppen haben viel zu erzählen. Aus verschiedensten Materialien, mit bekannten und unbekannten Stoffen zeigen sie, dass Mut manchmal ganz leise ist, erzählen von der Kraft des Anders seins und dem Kleinen, dass sich groß macht.
manche Dinge nur deshalb existieren, weil man an sie glaubt. Das gilt für Puppen ebenso wie für Götter und Päpste.
Zum Anfang

Ausblick

Seit der Gründung der Sparte vor drei Jahren wächst das Puppentheater am MiR weiter, auf und hinter der Bühne. In der kommenden Spielzeit sind drei Premieren geplant.
Los geht die Spielzeit 22.23 für das MiR Puppentheater mit der Premiere von Georg Büchners Lustspiel „Leonce und Lena, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind. Regie führt Astrid Griesbach. Sie ist bekannt für groteske Bilder mit viel Fantasie und Opulenz. Mit Handpuppen und feinem Humor formt sie in „Leonce und Lena“ eine märchenhafte Welt.
Mit „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry zeigt die Puppenspiel-Sparte zur Weihnachtszeit eines der beliebtesten Kunstmärchen. Das MiR Puppentheater holt mit dem Stück das Weltall ins Kleine Haus des Musiktheaters. Max Frischs Erzählung „Der Mensch erscheint im Holozän“ erzählt von der Zeit vor dem ersten Homo sapiens bis in die Zukunft. Im MiR suchen Regiestudierende zusammen mit Puppen und Spieler*innen am MiR nach Antworten auf brennende Fragen.
Zum Anfang

Impressum/Datenschutz

Impressum / Datenschutz / Weitere Infos

Vollbild
Gestaltung und Umsetzung: Inga Trost
Redaktion und Texte:
Inga Trost, Anna Chernomordik
Fotos: Björn Hickmann, Karl und Monika Forster, Matthias Jung, Pedro Malinkowski, Bettina Stöß, Isabel Machado Rios,  Sascha Kreklau, Christoph Nagler, Inga Trost
Videos: Inga Trost, Bernhard Kleine-Frauns, Philipp Jüttner, Simon Baucks, Gabór Hollós

Impressum
Datenschutz-Informationen

Youtube:
https://www.youtube.com/channel/UCK_hmq6Sh1NxZIpZHZF99jA/featured
Facebook: https://www.facebook.com/MusiktheaterimRevier
Twitter: https://twitter.com/mirimpott
Instagram: https://www.instagram.com/musiktheaterimrevier/
Web: https://musiktheater-im-revier.de/#!/de/
Schließen
Zum Anfang

Gloria Iberl-Thieme

Gloria Iberl-Thieme ist Schauspielerin und Puppenspielerin. Ihr Studium absolvierte sie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Während ihres Studiums war sie Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Als freischaffende Künstlerin war sie in zahlreichen Produktionen und Festivals im In- und Ausland zu sehen. Ihre letzten Arbeiten führte Sie unter anderem ans Nationaltheater Weimar, zu den Bad Hersfelder Festspielen, ans Puppentheater Theater Halle, an die Theater Münster und Magdeburg. Sie arbeitete u.a. unter der Regie von Robert Schuster, Christian Weise und Christoph Werner. Seit der Spielzeit 2019.20 ist sie festes Ensemblemitglied am Musiktheater im Revier.



Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Daniel Jeroma

Daniel Jeroma, 1978 in Lörrach geboren, studierte Schauspiel an der Universität der Künste Berlin. Noch während des Studiums spielte er am Staatsschauspiel Dresden in „Kühltransport“ von Maxim Biller (Regie: Nora Somaini, 2003). Es folgten Engagements an der Schaubühne Berlin („Diwan – die Couch“ von Michel Didym, Festival Internationale Neue Dramatik, 2004), an den Sophiensälen Berlin (Heiner Müllers „Macbeth“ nach Shakespeare, Regie: Nora Somaini sowie „Singing! Immateriell Arbeiten“ von Ulrich Rasche, 2004) und am Hans Otto Theater Potsdam (Simon Stephens’ „Port“, Regie: Philippe Besson, 2005). Sein erstes Festengagement führte ihn von 2006 bis 2009 ans Grips Theater Berlin. Seitdem ist er häufig am Theater der Jugend in Wien zu sehen, wo er 2010 als „Pinocchio“ zum ersten Mal mit dem britisch-österreichischen Regisseur Henry Mason zusammenarbeitete. Dieser besetzte ihn in der Folge unter anderem als „Lysander“ in Shakespeares „Sommernachtstraum“ bei den Salzburger Festspielen (2013), als „Toto“ im „Zauberer von Oz“ an der Volksoper Wien (2014-2019) und am Stadttheater Klagenfurt im Märchen „Jannik und der Sonnendieb“ (2018/2019). 2019 übernahm Daniel Jeroma die Rolle des „Sven“ in der musikalischen Midlife-Crisis-Revue „Wir sind mal kurz weg“ von Tilmann von Blomberg und Bärbel Arenz, einer Koproduktion des Theaters Heilbronn, des Theaters Paderborn und des Kammertheaters Karlsruhe. Daniel Jeroma steht außerdem regelmäßig für Film und Fernsehen vor der Kamera. Er spielte u.a. in den Filmen „Willkommen daheim“ (Regie: Ariane Zeller), „Der Lebensversicherer“ (Regie: Bülent Akinci) und „Eine Stadt wird erpresst“ (Regie: Dominik Graf) sowie in TV-Serien wie „Siska“, „Alphateam – Die Lebensretter im OP“, „Im Namen des Gesetzes“, „Die Schwarzwaldklinik – Die nächste Generation“ und „Hinter Gittern – Der Frauenknast“.
Zum Anfang

Vollbild
MiR: War "Perô" dein erstes Mal im Figurentheater?

Daniel Jeroma: Ich habe schon öfters in Schauspielstücken mitgewirkt, in denen auch Figuren vorkamen. Ich habe Puppenspiel nicht studiert. Ich bin eigentlich Schauspieler, vom Studium und von meiner Laufbahn her. Aber ich hatte irgendwie das Glück, mit einem Regisseur zu arbeiten, der viel mit Puppen und Figuren macht in seinen Stücken. Das war meine sechste Produktion, in der ich eine Puppe geführt habe.

MiR: Was hast du Neues gelernt?

Daniel Jeroma: Die Art der Puppen. Ich hatte bisher tatsächlich mehr mit Tieren zu tun. Das waren jetzt Menschen, die zwar noch kein Klappmaul hatten, aber gesprochen haben und die menschlich waren. Das war eine neue Erfahrung, sehr realistische Puppen zu zeigen mit weniger Überhöhung als das bei anderen Puppen der Fall ist. Ich habe dabei technisch sehr viel gelernt, auch von meiner Kollegin Gloria Iberl-Thieme, die eine sehr erfahrene Puppenspielerin ist. Im Zusammenspiel mit ihr habe ich gelernt, wie man zu zweit eine Puppe führt; also eine Puppe, die dann zwei Arme, zwei Beine, einen Kopf und einen Rumpf hat. Das war sehr lehrreich für mich.

MiR: Was war daran schwierig?

Daniel Jeroma: Einen gemeinsamen Rhythmus zu finden, sich gemeinsam abzusprechen ohne Worte zu benutzen, sondern gemeinsam die Puppe mit Leben zu füllen und den Impuls vom anderen abzunehmen. Das ist am schwierigsten, wenn sich die Puppen möglichst selbstständig bewegen soll, also wenn diese Puppe über die Bühne laufen oder irgendwo hochklettern soll. Ein Mal ist [die Puppe] Paletino geflogen. Gemeinsam den Absprung zu finden und den Rhythmus das war eine sehr große Herausforderung.

MiR: Der Intendant schwärmte von einem Moment, in dem "Perô" zum ersten Mal selbstständig über die Bühne läuft. Er meinte, das sei ein „magischer Moment“ gewesen.

Daniel Jeroma: Ja klar, die Szene mochte ich auch sehr. Ich hab auch oft gehört, dass das tatsächlich einer der schönsten Momente war für viele im Publikum. Dazu hat unsere Sängerin wunderschön gesungen, das muss man auch sagen. Das war musikalisch ein wunderschöner Punkt in der Inszenierung. Das war ein besonderer Moment. Aber von innen ist das natürlich nicht so. Da kommt es sehr viel auf Technik an. Das was da im Zuschauerraum entsteht, kann man selber nicht so ganz fühlen, weil man sich eben so wahnsinnig konzentrieren muss mit der Partnerin zusammen diese Figur zum Leben zu erwecken.

MiR: Ist das was Anderes als im Schauspiel?

Daniel Jeroma: Ja, es ist was Anderes, auf jeden Fall. Es ist technischer als im Schauspiel. Da kann man mehr den Emotionen freien Lauf lassen und einfach machen, wie es einem kommt und mehr improvisieren. Das kann man bei der Puppe nicht. Die ist ganz abhängig von der richtigen technischen Führung. Sie ist abhängig von den Emotionen, die sich dem Publikum vermitteln durch eine bestimmte Kopfbewegung oder eine bestimmte Körperhaltung oder den Rhythmus der Puppe oder die richtige Position der Puppe.

MiR: Wie schlägt sich das im Proben-Prozess nieder? Läuft der anders ab als bei einer Schauspiel-Produktion?

Daniel Jeroma: Schon ja. Technischer. Bevor man mit dem improvisatorischen Spiel loslegen kann, muss man die Bewegungen ausrichten; den Fuß, der da tot rumhängt oder den Blick, der nicht auf der Partnerin ist, sondern an ihr vorbeigeht. Man kann sich im Vorfeld überlegen wie ein Charakter tickt. Aber der Hauptteil der Arbeit findet bei den Proben statt, weil sich da technische Probleme stellen, die man vorher noch gar nicht absehen kann.
Schließen
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Merten Schroedter

Merten Schroedter, geboren 1976 in Zittau, absolvierte 2004 sein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin und ging danach ans Stadttheater Konstanz unter der Intendanz von Dagmar Schlingmann, wo er u. a. die Titelrolle in „Richard III.“ und Marinelli in „Emilia Galotti“ spielte. 2006 wechselte er mit ihr ans Saarländische Staatstheater und spielte dort u. a. „Woyzeck“, Jörgen Tesmann in „Hedda Gabler“, Gregor Samsa in „Die Verwandlung“, Hugo in „Die schmutzigen Hände“ und Galy Gay in „Mann ist Mann“. 2010 entschied er sich, als freier Schauspieler zu arbeiten und zog nach Berlin zurück. Seitdem spielte er u. a. am Staatstheater Cottbus, am Theater der Jugend in Wien, am Nationaltheater Mannheim, am Schmidtheater in Hamburg, am Kammertheater Karlsruhe, an den Vereinigten Bühnen Bozen und im Tipi am Kanzleramt in Berlin. Er ist außerdem als Synchronsprecher tätig und ab und an im Fernsehen zu sehen. Seit der Spielzeit 2020.21 ist er festes Ensemblemitglied am Musiktheater im Revier.
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Michael Schulz im Interview

Vollbild
MiR: Puppenspiel am Musiktheater – warum?

Michael Schulz:
Warum das Puppentheater, Figurentheater, Objekttheater nicht auch Bestandteil eines Musiktheaters sein kann, ist eine Frage, die mich schon länger umgetrieben hat. Ich bin ein großer Fan des Puppentheaters und habe lange, lange darüber nachgedacht, wie und auf welche Art und Weise man das Puppentheater in das Musiktheater integrieren kann, wobei es mir gar nicht scholastisch darum geht, dass jetzt die Puppe nur musikalisch in den Spielplan integriert ist oder daran partizipiert, sondern es auch möglich ist, dass das Puppentheater auch über die Sprache läuft. Weil das ist das Tolle am Puppentheater: die Vielseitigkeit, die darin steckt. Aber bisher ist es nicht üblich, außer in speziellen Produktionen, die dann in Festspielen laufen, dass die Puppe sich in das Musiktheatergeschehen integrieren lässt. Und zwar nicht nur, indem sie bebildert oder indem eine Figur als Puppe geführt wird, während jemand anderer für sie singt, sondern dass es tatsächlich auch soweit gehen kann, dass der Opernsänger, der Musikdarsteller eine Puppe führt, dass möglicherweise erlernen kann oder aber dass die Puppenspieler*innen, die wir auf der Bühne stehen haben als singende Darsteller mit dabei sind. Da fand ich das spannend das auszuprobieren und so eine Sparte zu gründen.

MiR: Gab es Vorbilder für Ihre Idee?

Michael Schulz:
Vorbilder gab es nicht, weil es das meines Wissens nach noch nicht gibt in der Art und Weise. Aber mir ist immer wieder aufgefallen, wenn ich Puppentheater besucht habe, dass viel in diesen Produktionen gesungen wird, dass die Musik eine wesentliche Rolle spielt. Und dass es von daher gar nicht so weit weg ist, das zu benutzen. Denn das Tolle ist, dass die Puppe Dinge kann und tut, die der normale Darsteller auf der Bühne nicht kann oder auch nicht darf.

MiR: Was denn zum Beispiel?

Michael Schulz: Also zum Beispiel darf eine Puppe hässlich sein. Unsere Sehgewohnheiten gerade im Musiktheater richten sich vor allen Dingen auch immer danach, dass Oper etwas sehr Schönes ist, weil die Musik schön ist. Zumindest sofern es sich um die tradierten musikalischen Formen der Oper des 18. und 19. Jahrhunderts handelt, in dem man noch nicht so massiv mit Dissonanz und Atonalität umgegangen ist, wie wir das dann im 20. Jahrhundert gelernt haben. Auch das Musical hält oftmals und in erster Linie für ein Ensemble Partien parat, in denen es auch um den schönen Menschen geht. Durch die Überhöhung des musikalischen Materials, des Gesangs, in dieser Übersteigerung der Emotionalität. Die Puppe hat aber an dieser Stelle auch die Möglichkeit dem entgegenzuwirken. Ich nehme ein Beispiel: Das ist die Produktion „Frankenstein“, die wir zu Beginn dieser Saison gezeigt haben, in der das Monster von einer Puppe gespielt oder dargestellt wird von drei Spielerinnen in dem Fall gespielt worden ist. Das Monster von Frankenstein ist natürlich etwas, das nicht unserem Schönheitsideal entspricht. Bevor wir jetzt einen Darsteller á la Boris Karlov wie im Film der 30er Jahre in dieses Monster verwandeln, ist es natürlich spannend, dass so einen Puppe das machen kann. Da kann man extremer mit sein. Etwas, was ein Sänger gar nicht leisten könnte; man könnte sein Gesicht nicht so gestalten wie es für eine Puppe möglich ist. Da hat man natürlich ganz tolle Wege zu beschreiten, tolle Möglichkeiten.
Die Puppe darf aber auch Dinge sagen und Dinge tun, die wir einem Sänger oder auch vielleicht sogar einem Schauspieler nicht verzeihen würden, weil plötzlich dort ein Mensch steht, der Dinge tut, die wir nicht sehen wollen, die aber durchaus Bestandteil einer Figur sind, die auch Bestandteil einer psychologischen Disposition einer Figur sind. Wenn das aber von einer Puppe gemacht wird, akzeptiert man das. Man hat eine andere Distanz dazu, weil es totes Material ist, das durch Spieler zum Leben erweckt wird, mit dem ich mich in dem Sinne aber nicht identifiziere. Das ist eine Riesenchance.
Das ist etwas, was ich ganz besonders finde und auch für das Musiktheater, weil Musiktheater bildet nicht per se immer nur das Schöne und Wahre ab, sondern das Musiktheater zeigt auch viel grässliche und entsetzliche Dinge. Es zeigt viele Dinge, die wir nicht sehen wollen und die haben wir aber die Möglichkeit mit der Puppe auf die Bühne zu stellen. Das finde ich faszinierend und eine große Chance.

MiR: Wie wurde Ihre Entscheidung aufgenommen?

Michael Schulz: Als ich anfing darüber zu sprechen, dass wir so eine Sparte gründen wollen, ist es in der Tat so gewesen, dass sehr viele Fragezeichen in den Gesichtern gestanden haben. Weil in erster Linie Puppentheater mit Kindertheater in Verbindung gebracht wird. Zum Beispiel mit der Augsburger Puppenkiste, wobei ich sagen muss, auch als Erwachsener liebe ich die Augsburger Puppenkiste und das Subversive, das in diesen Geschichten und auch in den Figuren steckt. Das entdeckt man auch als Erwachsener nochmal ganz anders. Der Melancholische Selefant in „Urmel aus dem Eis“ ist eine Figur für Erwachsene oder die Liebesaffäre zwischen dem Pinguin und seiner Mupfel. Auch das ist etwas, was man erst als Erwachsener richtig versteht. Aber trotzdem, man verbindet es in erster Linie mit dem Kasperletheater „Tri, Tra, Trullala“ und der Marionette. Und wenn, ist es nett, wenn dann irgendwie eine Mozart-Oper mit Marionetten gespielt wird. Dem entsprechend war auch erst mal die Frage danach, was das ist. Aber wenn man schon alleine anfängt das Spektrum an der Möglichkeit dessen, was eine Puppe, eine Figur oder was auch ein Objekt sein kann, auffächert, stellt man sehr schnell fest, dass man sehr nah an den Geschichten ist, die man für Erwachsene erzählen kann.

Es gibt viele Dinge, die auf den Bühnen, auch auf den Opernbühnen stattfinden, die eigentlich schon Figurentheater oder Objekttheater sind. Wenn wir abstrakte Bühnenbilder haben, in denen sich Dinge verwandeln, sich anfangen zu bewegen, wenn wir mit Lichteffekten arbeiten, wenn wir Schatten bauen und Schattentheater spielen und so weiter und so fort, dann ist das schon sehr nah am Objekttheater dran. Und von daher ist es dann eigentlich auch kein weiter Schritt bis hin zum Objekttheater, zum Figurentheater, in dem abstrakte Figuren sind, die auch immer wieder erprobt worden sind, auch schon lange, lange, lange bevor das Puppentheater als eigenständige Sparte dagewesen ist. Oder aber die zurück zu führen sind auf die Bereiche des Maskenspiels, die auch in den Anfängen des musikalischen Theaters eine wesentliche Rolle gespielt haben. So kommt man peu á peu an den Punkt, an dem man sehr schnell feststellt, dass Puppentheater nichts mit Kindern zu tun hat und dann muss man das Publikum noch mitnehmen und ihm das klarmachen und dann kann die Faszination Puppe eine ganz Große werden.

MiR: Hat das Publikum das auch schon verstanden?

Diejenigen, die es erlebt haben, erzählen fast über nichts anderes. Also unsere Besucher, die im Frankenstein waren, so leid es mir für unsere Sänger tut, erzählen in erster Linie von der großartigen Puppe und ihren Spielerinnen. Oder wir haben Veranstaltungen, in denen die Puppenspielerinnen mit ihren Puppen auftreten und es in Nullkommanichts schaffen, das erwachsene Publikum zu verzaubern. Und das ist etwas, das die Menschen mitnehmen. Diese Faszination wollen sie dann beim nächsten Mal wieder erleben, weiter erleben und werden neugierig da drauf.
Ich denke, dass wir uns Zeit lassen müssen, aber in drei Jahren hoffe ich darauf, wenn wir auch die verschiedenen Aspekte von Puppentheater präsentiert haben, wird das dann auch ein feststehender Bereich unseres Angebotes sein. Und die Puppenspieler werden in das Ensemble integriert sein.

MiR: Das heißt, das Haus und die Puppenspielerinnen wachsen gerade noch zusammen?

Michael Schulz:
Absolut, das ist immer noch ein Beschnuppern und Kennenlernen. Aber es hat faszinierende Dinge gegeben. Ich entsinne mich jetzt an die Produktion für Kinder und Jugendliche oder Familienproduktion „Perô oder die Geheimnisse der Nacht“, in der einer unserer Opernsänger mit einer Puppe spielen musste, einer sogenannten Klappmaulpuppe. Und wie schnell er sich das angeeignet hat, wie Puppe zu einem Teil von ihm wurde. Das ist total schön und beglückend. Der ist zum Beispiel schon komplett beim Puppentheater angekommen.

MiR: Beobachten Sie, dass das auch Auswirkungen auf die Arbeit der Sänger hat, wenn sie auf der Bühne mal Puppentheater gemacht haben?

Michael Schulz:
Das würde ich jetzt noch nicht sagen. Dafür haben wir zu wenig bisher gemacht. Aber für denjenigen, die mit der Puppe gespielt haben, ich denke zum Beispiel an unser Ensemblemitglied Piotr Prochera, der als Frankenstein ja im permanenten Dialog mit der Puppe gestanden hat. Oder eben an Benjamin Hoffmann, der diese Klappmaulpuppe, die Katze in den „Drei miesen fiesen Kerlen“ gespielt hat, die beiden Sänger, die in „Perô“ dabei gewesen sind. Die werden schon ein ganz anderes Gefühl für die Puppe entwickelt haben. Die müssen die Puppe in die Hand nehmen, sie müssen spüren, wie die Puppe quasi eine Extremität von ihnen wird, wie sie zum Teil von ihnen werden muss, weil jede Bewegung, die sie machen, wird einen Ausdruck haben. Das fördert auch wieder ein Bewusstsein über seine eigene Körperlichkeit. Ich hoffe, dass wir dann eben auch so weit kommen, dass viele Sänger, Sängerinnen mit den Puppen in Berührung kommen. Dem entsprechend planen wir das, gucken, dass die Puppe stark auch in große Hausproduktionen integriert wird.

MiR: Haben Sie schon Reaktionen aus der Figurentheater-Szene bekommen?

Michael Schulz:
Sehr sehr positive, alle finden das ganz toll. Natürlich ist die Installation an einem Musiktheater etwas sehr Eigenständiges und auch ein Alleinstellungsmerkmal, aber die Puppe erfährt seit wenigen Jahren eine unglaubliche Renaissance. Was ganz toll ist. Was auch immer das ist, es mag ein bisschen daran liegen, dass man immer auf der Suche nach etwas Neuem ist. Und bei allen technischen Möglichkeiten, die wir auch in den Medien haben, wie der Film arbeitet, dass man selbst zu Hause in der Lage ist, mit seinem Computer eigene Filme zu machen und Special Effects da rein zu bauen und neue Welten zu schaffen, ist das natürlich besonders schön, über die Puppe zu sehen, wie man ganz ursprünglich auch aus Dingen, die man sich aus seiner Kindheit erinnert, das Tote zum Leben erwecken kann, das tote Material.
Es ist jetzt nicht so, dass wir die Einzigen sind, die die Puppe plötzlich entdecken. Auf der anderen Seite aber die Installation einer Sparte aus der Puppenspielwelt große Aufmerksamkeit erregt hat und wir auch überall ganz tolle Resonanz darauf bekommen. Alle sagen, dass sie das fantastisch finden. Dass wir dem Puppenspiel in einer - jenseits der FIDENA - ja doch relativ brach liegenden Puppenspielgegend wie hier im Ruhrgebiet. Zum Glück hat Neuss gerade auch ein eigenes Puppentheater gegründet. Wir versuchen, dieser Kunstform erst mal ein Forum zu geben. Ich glaube, dass wird allgemein als etwas sehr Positives angesehen.

MiR:
Am Haus gibt es Gloria Iberl-Thieme als einzige feste Puppenspielerin, noch keine Lagerräume, keine Puppenwerkstatt usw. Wie soll das weiter ausgebaut werden?

Michael Schulz:
Wir möchten uns ein Netzwerk an Puppenbauern erarbeiten, ob es uns gelingen wird einen eigenen Puppenbauer am Haus zu installieren, werden wir sehen. Wir haben aber festgestellt, dass in den Bereichen der technischen Gewerke zwei, drei Personen sind, die ein großes Interesse daran haben, sich verstärkt damit zu beschäftigen, die auch eine tolle Fantasie mitbringen. Denn man braucht auch Fantasie, um das zu machen. Wir möchten gerne erreichen, dass wir einen festen Spielort für die Puppe haben. Das heißt, dass wir auch im großen und im kleinen Haus mit der Puppe spielen werden, aber dass sie auch nochmal die Möglichkeit hat in einem eigenen Bereich zu sein.
Zur nächsten Saison werden wir einen zweiten Puppenspieler fest engagieren und auch das soll sich ein bisschen ausweiten. Ich würde mir wünschen, wir haben irgendwann ein Ensemble von vier festen Spielern plus einem Leiter. Denn auch das ist wichtig, man braucht den Input, man braucht jemand, der Fantasie dafür entwickelt. Und dann eben mit dem Studio der Ernst-Busch-Hochschule nochmal vier Spieler*innen zu haben, die aus dem Studiengang hier am Haus sind. Sodass man durchaus ein großes Ensemble hat, mit dem man dann auch richtig was machen kann.

MiR: Zum Abschluss, was haben sie bisher Neues gelernt über das Puppentheater?

Michael Schulz:
Unfassbar viel, das könnte ich jetzt gar nicht alles wiedergeben. Das hat etwas mit Produktionsabläufen zu tun, damit eine Puppe geführt werden muss, was wichtig dafür ist. Das ist eine ganz andere Art und Weise des Spielens und des Darstellens und des Erarbeitens als wir bisher in der Oper oder im Schauspiel gewohnt sind. Es geht um technische Belange, also das heißt: Wie ist eine Puppe, was muss man beachten, wenn eine Puppe gebaut wird, wenn man sie entwickelt, wenn man einen Produktionsprozess hat, wie lange Zeit braucht man dafür, wie ist die Vorplanung, wie muss man sich festlegen, nicht alles geht. Das ist wahnsinnig spannend. Das wird noch lange, lange noch nicht zu Ende sein. Das ist aber auch eine wunderbare Sache, das man immer wieder voneinander lernt, sich miteinander auseinandersetzt. Das letzte, was dann ist, man hat einfach ganz großartige Menschen kennengelernt, einen Kosmos kennengelernt, der sich bisher einem verschlossen hatte. Das ist eine immense Bereicherung.

Schließen
Zum Anfang

Winterreise

Die Puppen am Musiktheater im Revier werden größer. Denn hier füllt eine Puppe, eine Art Fabelwesen, sogar das gesamte Bühnenbild aus. Es gibt aber auch winzig kleine Figuren auf der Bühne, langsame und schnelle. Die "Winterreise" am Musiktheater im Revier betont Kontraste und Vielseitigkeit im Puppenspiel. Das Stück stand für das Frühjahr 2020 auf dem Spielplan. Hier gibt es Einblicke in die Erarbeitung dieses Stückes.
Zum Anfang
Wilhelm Müller starb, ohne zu erklären, worum es in seiner Dichtung „Die Winterreise“ eigentlich geht. Um Liebeskummer und Verlangen? Um unerträgliche Einsamkeit inmitten erstarrter Herzen der Stadtbewohner? Oder doch um die enttäuschten patriotischen Gefühle nach dem Wiener Kongress? Franz Schubert machte aus Wilhelm Müllers Dichtung um das Leid eines namenlosen Wanderers einen „Zyklus schauerlicher Lieder“ und setzte der Gattung „Lied“ ein Monument. In den unterschiedlichsten Fassungen und sogar Sprachen werden seine Lieder seitdem immer wieder neu ergründet. Jede neue Version stellt unter Beweis, dass Schuberts Musik immer eine Offenbarung bleibt, die sich gleichzeitig nicht bis in den letzten Winkel erklärt, auch nachdem der letzte Ton des „Leiermanns“ verklungen ist. Am MiR werden Franz Schuberts Seelenlandschaften mit den Möglichkeiten des Figurentheaters zum Leben erweckt. Annette Dabs, Regisseurin und Leiterin des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst widmet sich mit dem gesamten Mir Puppenspiel-Ensemble Schuberts Meisterwerk. Zusammen mit der Künstlerin und Bühnenbildnerin Stefanie Oberhoff entsteht für die Winterreise eine eigene Welt, in der sich der Schmerz des Protagonisten in der von Müller romantisch belebten Natur auflöst.
Zum Anfang

Hier probieren die zwei Puppenspielerinnen aus, wie sich die Puppen aus Zeitungspapier und Klebeband auf der Bühne bewegen können.

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Zum Anfang
Franz Schubert sieht für seinen Liederzyklus "Winterreise" ein Klavier und eine Stimme vor. In dieser Produktion ist Einiges anders: Es stehen vier Sänger auf der Bühne und viele Puppen, eine davon ist fast acht Meter groß.
Die Regisseurin ist Annette Dabs und die Bühnenbildnerin Stefanie Oberhoff. Im Interview von Februar 2020 geben sie Einblick in ihre gemeinsame Arbeit.

MiR: Was sind besondere Herausforderungen bei der Arbeit mit der Großpuppe?

Annette Dabs: Für uns beide sind das andere Herausforderungen als für die Puppenspieler. Ich fange mal bei den Puppenspielern an. Die brauchen erstmal die richtigen Handschuhe, die müssen ordentlich Muckis haben, weil das ist nicht so ganz einfach. Auf der Bühne nachher mit anderer Hebelwirkung, da wirds bestimmt leichter werden. Das ist zumindest auf alle Fälle etwas, an das sie sich ein bisschen gewöhnen müssen. Vor allen Dingen müssen die total aufeinander eingespielt sein. Die müssen quasi spüren, wenn die eine da zieht, dass ich dann locker lassen muss und dass man das im Prinzip kaum noch mehr mechanisch macht, sondern dass man mit der Puppe mit atmet. Das ist für die Puppenspielerinnen die Hauptaufgabe.

Stefanie Oberhoff: Das ist auch interessant sich vorzustellen, dass die, die die Figur bewegen von ihrer Position nie sehen können, wie es eigentlich genau aussieht oder was da eigentlich passiert. Die müssen sich auf so ein Gefüge verlassen, dass sie wissen, wenn ich das mache, dann wird das schon die Haltung sein, von der geredet ist oder die ich jetzt spüre. Für mich ist auch noch eine große Herausforderung, es geht ja nicht nur um die Beweglichkeit, sondern dass Ganze soll auch noch aussehen wie ein Stück Natur, wie eine Landschaft. Gerade ist der Malsaal am Experimentieren wie man das Ganze noch bepflanzt, begrünt.

Annette Dabs: Dann haben wir noch einen Nebelworkshop, wo wir versuchen wollen mit Bodennebel, mit fließendem Nebel, mit aufsteigendem Nebel, also mit all diesen verschiedenen Formen des Nebels zu arbeiten, um die Landschaftsillusion hinzubekommen.
Und dann denke ich, ist für mich noch eine Aufgabe, herauszufinden, was kann ich mit den Sängern und Sängerinnen machen. Wo können die eventuell mal drüber steigen, drauf steigen, sich draufsetzen? Was passiert, wenn sie sich drauf setzen? Fängt dann alles an zu wackeln? Oder ist das wie wenn man sich auf einen Körper setzt, dass das geschmeidig nachgibt? Das sind so Sachen, da fangen wir jetzt an das auszuprobieren.

MiR: Wie ist der Umgang der Sänger*innen mit der Puppe?

Annette Dabs: Ich würde sagen, sie sind im Moment noch etwas ratlos. Da sind sie aber in guter Gesellschaft, weil wir sind auch noch ratlos. Wir stehen alle am Anfang. Wir beide haben zwar eine Vision im Kopf, wo wir denken, so müsste es eigentlich funktionieren, aber das ist dann nochmal was anderes, wenn man die Sänger hier hat und die Puppen im Moment noch anders aussehen als sie dann im Original sein werden. Da muss man sich das im Kopf wie bei einem Puzzle nochmal anders zusammen denken. Insofern: die Sänger sind im Moment auf dem gleichen Stand wie wir. Und sie sind genauso neugierig. Das ist schön.

MiR: Was ist anders, wenn ein Kostümbildner, der sonst Opernsänger und Tänzer ausstattet, Puppen ausstatten soll?

Stefanie Oberhoff: Ich komme mehr aus der Figurentheater als aus der Operntheaterwelt. Für mich sind die Opernsänger die Herausforderung [lacht]. Für mich ist das Figurenthater auch in meiner eigenen Arbeit nicht definiert, sondern immer ein Experiment mit neue Formen. Wie auch das [zeigt auf die Großpuppe] ist jetzt unbedingt nicht das, was sich jeder unter einer Puppe vorstellt, das ist vielleicht ein bisschen größer. So sind auch die Kostüme eigentlich auch Puppen, sie sind angelehnt an die schwäbisch-allemannische Fasnet und sind Tiergestalten und sind dadurch in ihren Bewegungen auch irgendwie entmenschlicht. Gerade das was gesehen haben, das Reh, das sich sehr puppig bewegt nachher. Da werden die Puppenspieler*innen selber zu Puppen gemacht, was ist für mich auch in dem Ausmaß relativ neu ist.

MiR: Könnt ihr euer Konzept und eure Idee zur "Winterreise" vorstellen?

Annette Dabs: Als wir davon erfahren haben, das war ja relativ kurzfristig, war relativ schnell klar, dass wir auf alle Fälle wieder mit dieser Größe arbeiten wollen, also dass das Bühnenbild eigentlich der Protagonist ist und dass es darum geht, das Bühnenbild zu animieren. Also wieder etwas auf die Bühne zu stellen, was Ausmaße haben könnte wie eine Landschaft. Das war schonmal die Grundvoraussetzung, mit der wir gemeinsam begonnen haben. Wir hatten das schon bei „Moondog“, dass wir auch mit einer sehr kleinen Figur gearbeitet haben und ich persönlich fand diesen Wechsel zwischen ganz klein, wo Leute sagten: "Das können die Leute da hinten doch überhaupt gar nicht mehr erkennen!", das fand ich gerade sehr reizvoll. Ich glaube, das hat emotional auch sehr gut funkioniert, weil alle haben diese Puppe gesehen, selbst vom letzten Platz in der letzten Reihe. Und dann auf einmal die Bewegung der großen Puppe. Diesen Unterschied in den Dimensionen, den wollte ich gerne auch wieder haben. Und dann kamst du mit deiner Idee von der "Kamerafahrt ins Herz".

Stefanie Oberhoff: Für mich war am Anfang auch eine Herausforderung, dass es ja keine Oper ist, sondern ein Liederzyklus. Da stellt sich ja die Frage, inwiefern muss man das überhaupt bebildern? Das ist ja eigentlich gedacht, dass es nur musikalisch wirkt, deshalb war uns klar, es soll da irgendwas sein, dass nicht stört oder irgendetwas aus der Musik kopiert. Und so sind wir auf die Idee gekommen, dass es das Wichtigste ist, in der "Winterreise" so kontemplativ in die Landschaft schauen. Deshalb gehen wir auch morgen mit dem ganzen Team in den Wald um zu sehen, wie das eigentlich ist, sich im Winter darauf einzulassen. Und obwohl das ganze groß ist und hoffentlich spektakulär wird, wird diese spektakuläre Moment wahrscheinlich erst am Ende des Abends sichtbar sein nachher und ansonsten wird das eine ganz ruhige Sache sein. Dass, das Publikum eher auf eine Landschaft guckt und der Musik lauscht, und dann taucht da vielleicht mal ein Tier auf oder man kann auch frei wählen, wo man hinguckt, guck ich auf Sänger oder auf Wolken. Diese Kamerafahrt war dann so eine Frage, wie kriegt man diese Landschaft betrachtet mit den Sängern und Sängerinnen zusammen. Und so ist das jetzt ein Versuch, quasi nach und nach die Dimensionen anzupassen. Also erst guckt man auf eine Landschaft, wo minikleine Tiere sind, dann rückt die näher und dann sind die Tiere schon ein bisschen größer, dann sind da Menschen drin und am Schluss ist die ganze Landschaft ein Wesen.

Annette Dabs: Wenn wir immer darüber reden "die Landschaft..." dann handelt es sich dabei um eine Seelenlandschaft. Das Ganze ist eine Wanderung durch einen Seelenzustand, eigentlich ein Seelenzustand in 24 Stationen. Die Winterreise hat 24 Lieder, der Tag hat 24 Stunden. So ist das bei uns dann auch ein Tagesablauf von der Nacht über den Tag bis zur nächsten Abenddämmerung. In diesen 24 Stationen, gibt es einen Seelenzustand, der von völlig verzweifelt, todessehnsüchtig, wütend, traurig, rückblickend, in der Erinnerung schwelgend. Also diese ganzen Dinge, die wir auch selber kennen, solche Zustände, in die man kommt, wenn man fürchterlichen Herzschmerz hat oder so etwas. Das ist diese Seelenlandschaft, die wir zeigen. Insofern orientiert sich das Ganze sich an der Musik von Schubert. Das wird ein kontemplativer Liederzyklus. Die Seelenlanschaft wird ihr Übriges dazu tun, dass man die Musik sehr genießen kann.

MiR: Wie werden Musik und Puppen interagieren?

Annette Dabs: Das Schöne ist, dass die Puppen zum Teil einfach nur da sind. Es gibt Passagen, wo wir mit den etwas größeren Puppen arbeiten, aber auch die kleinen Puppen, es wird eigentlich immer das Gleiche sein. Die tauchen auf und die sind da, so wie in einer Landschaft. Tiere sind auch einfach da, die richten sich nicht danach, ob ich jetzt die Stimmung hab oder ob eine Musik langsam ist, laut oder leise. Die sind da und dann sind sie wieder weg oder die gucken auch einfach nur. Dieses nur da sein ohne einen Kommentar zu spielen macht was mit der Musik.

Stefanie Oberhoff: Und dann ist noch, wenn wir das denn hinkriegen, so ein bisschen geplant, dass man auf die Entfernung kleine Tiere sieht, die man assoziiert mit Tieren aus der Natur, wenn die näher kommen sind das größere Puppen mit menschlicher Gestalt. Diese Puppenspieler in den Tierkostümen sind dann so eine Art Krafttiere oder so, die mit den Solisten und Solistinnen auch gemeinsam auf den Weg gehen. Das heißt, da ist auch so eine Entwicklung von Natur, die sich mit einem verbindet oder die man erst nicht wahrnimmt und dann doch wahrnimmt.

Annette Dabs: Man kann auch sagen, die eigene Natur, der eigene natürliche Zustand, der will wiedergefunden werden. Weil der eigene natürliche Zutand kennt nicht die Verzweiflung, die Hysterie, kennt nicht die Angst sondern der eigentliche natürliche Zustand ist völlige Ruhe und Ausgeglichenheit. Die Krafttiere, wenn wir sie jetzt mal so nennen wollen, die erinnern immer wieder daran, versuchen die Sänger und Sängerinnen in die Richtung zu schieben. Aber ob das gelingt, werden wir dann vielleicht bei der Premiere entscheiden können.
Franz Schubert sieht für seinen Liederzyklus "Winterreise" ein Klavier und eine Stimme vor. In dieser Produktion ist Einiges anders: Es stehen vier Sänger auf der Bühne und viele Puppen, eine davon ist fast acht Meter groß.
Die Regisseurin ist Annette Dabs und die Bühnenbildnerin Stefanie Oberhoff. Im Interview von Februar 2020 geben sie Einblick in ihre gemeinsame Arbeit.

MiR: Was sind besondere Herausforderungen bei der Arbeit mit der Großpuppe?

Annette Dabs: Für uns beide sind das andere Herausforderungen als für die Puppenspieler. Ich fange mal bei den Puppenspielern an. Die brauchen erstmal die richtigen Handschuhe, die müssen ordentlich Muckis haben, weil das ist nicht so ganz einfach. Auf der Bühne nachher mit anderer Hebelwirkung, da wirds bestimmt leichter werden. Das ist zumindest auf alle Fälle etwas, an das sie sich ein bisschen gewöhnen müssen. Vor allen Dingen müssen die total aufeinander eingespielt sein. Die müssen quasi spüren, wenn die eine da zieht, dass ich dann locker lassen muss und dass man das im Prinzip kaum noch mehr mechanisch macht, sondern dass man mit der Puppe mit atmet. Das ist für die Puppenspielerinnen die Hauptaufgabe.

Stefanie Oberhoff: Das ist auch interessant sich vorzustellen, dass die, die die Figur bewegen von ihrer Position nie sehen können, wie es eigentlich genau aussieht oder was da eigentlich passiert. Die müssen sich auf so ein Gefüge verlassen, dass sie wissen, wenn ich das mache, dann wird das schon die Haltung sein, von der geredet ist oder die ich jetzt spüre. Für mich ist auch noch eine große Herausforderung, es geht ja nicht nur um die Beweglichkeit, sondern dass Ganze soll auch noch aussehen wie ein Stück Natur, wie eine Landschaft. Gerade ist der Malsaal am Experimentieren wie man das Ganze noch bepflanzt, begrünt.

Annette Dabs: Dann haben wir noch einen Nebelworkshop, wo wir versuchen wollen mit Bodennebel, mit fließendem Nebel, mit aufsteigendem Nebel, also mit all diesen verschiedenen Formen des Nebels zu arbeiten, um die Landschaftsillusion hinzubekommen.
Und dann denke ich, ist für mich noch eine Aufgabe, herauszufinden, was kann ich mit den Sängern und Sängerinnen machen. Wo können die eventuell mal drüber steigen, drauf steigen, sich draufsetzen? Was passiert, wenn sie sich drauf setzen? Fängt dann alles an zu wackeln? Oder ist das wie wenn man sich auf einen Körper setzt, dass das geschmeidig nachgibt? Das sind so Sachen, da fangen wir jetzt an das auszuprobieren.

MiR: Wie ist der Umgang der Sänger*innen mit der Puppe?

Annette Dabs: Ich würde sagen, sie sind im Moment noch etwas ratlos. Da sind sie aber in guter Gesellschaft, weil wir sind auch noch ratlos. Wir stehen alle am Anfang. Wir beide haben zwar eine Vision im Kopf, wo wir denken, so müsste es eigentlich funktionieren, aber das ist dann nochmal was anderes, wenn man die Sänger hier hat und die Puppen im Moment noch anders aussehen als sie dann im Original sein werden. Da muss man sich das im Kopf wie bei einem Puzzle nochmal anders zusammen denken. Insofern: die Sänger sind im Moment auf dem gleichen Stand wie wir. Und sie sind genauso neugierig. Das ist schön.

MiR: Was ist anders, wenn ein Kostümbildner, der sonst Opernsänger und Tänzer ausstattet, Puppen ausstatten soll?

Stefanie Oberhoff: Ich komme mehr aus der Figurentheater als aus der Operntheaterwelt. Für mich sind die Opernsänger die Herausforderung [lacht]. Für mich ist das Figurenthater auch in meiner eigenen Arbeit nicht definiert, sondern immer ein Experiment mit neue Formen. Wie auch das [zeigt auf die Großpuppe] ist jetzt unbedingt nicht das, was sich jeder unter einer Puppe vorstellt, das ist vielleicht ein bisschen größer. So sind auch die Kostüme eigentlich auch Puppen, sie sind angelehnt an die schwäbisch-allemannische Fasnet und sind Tiergestalten und sind dadurch in ihren Bewegungen auch irgendwie entmenschlicht. Gerade das was gesehen haben, das Reh, das sich sehr puppig bewegt nachher. Da werden die Puppenspieler*innen selber zu Puppen gemacht, was ist für mich auch in dem Ausmaß relativ neu ist.

MiR: Könnt ihr euer Konzept und eure Idee zur "Winterreise" vorstellen?

Annette Dabs: Als wir davon erfahren haben, das war ja relativ kurzfristig, war relativ schnell klar, dass wir auf alle Fälle wieder mit dieser Größe arbeiten wollen, also dass das Bühnenbild eigentlich der Protagonist ist und dass es darum geht, das Bühnenbild zu animieren. Also wieder etwas auf die Bühne zu stellen, was Ausmaße haben könnte wie eine Landschaft. Das war schonmal die Grundvoraussetzung, mit der wir gemeinsam begonnen haben. Wir hatten das schon bei „Moondog“, dass wir auch mit einer sehr kleinen Figur gearbeitet haben und ich persönlich fand diesen Wechsel zwischen ganz klein, wo Leute sagten: "Das können die Leute da hinten doch überhaupt gar nicht mehr erkennen!", das fand ich gerade sehr reizvoll. Ich glaube, das hat emotional auch sehr gut funkioniert, weil alle haben diese Puppe gesehen, selbst vom letzten Platz in der letzten Reihe. Und dann auf einmal die Bewegung der großen Puppe. Diesen Unterschied in den Dimensionen, den wollte ich gerne auch wieder haben. Und dann kamst du mit deiner Idee von der "Kamerafahrt ins Herz".

Stefanie Oberhoff: Für mich war am Anfang auch eine Herausforderung, dass es ja keine Oper ist, sondern ein Liederzyklus. Da stellt sich ja die Frage, inwiefern muss man das überhaupt bebildern? Das ist ja eigentlich gedacht, dass es nur musikalisch wirkt, deshalb war uns klar, es soll da irgendwas sein, dass nicht stört oder irgendetwas aus der Musik kopiert. Und so sind wir auf die Idee gekommen, dass es das Wichtigste ist, in der "Winterreise" so kontemplativ in die Landschaft schauen. Deshalb gehen wir auch morgen mit dem ganzen Team in den Wald um zu sehen, wie das eigentlich ist, sich im Winter darauf einzulassen. Und obwohl das ganze groß ist und hoffentlich spektakulär wird, wird diese spektakuläre Moment wahrscheinlich erst am Ende des Abends sichtbar sein nachher und ansonsten wird das eine ganz ruhige Sache sein. Dass, das Publikum eher auf eine Landschaft guckt und der Musik lauscht, und dann taucht da vielleicht mal ein Tier auf oder man kann auch frei wählen, wo man hinguckt, guck ich auf Sänger oder auf Wolken. Diese Kamerafahrt war dann so eine Frage, wie kriegt man diese Landschaft betrachtet mit den Sängern und Sängerinnen zusammen. Und so ist das jetzt ein Versuch, quasi nach und nach die Dimensionen anzupassen. Also erst guckt man auf eine Landschaft, wo minikleine Tiere sind, dann rückt die näher und dann sind die Tiere schon ein bisschen größer, dann sind da Menschen drin und am Schluss ist die ganze Landschaft ein Wesen.

Annette Dabs: Wenn wir immer darüber reden "die Landschaft..." dann handelt es sich dabei um eine Seelenlandschaft. Das Ganze ist eine Wanderung durch einen Seelenzustand, eigentlich ein Seelenzustand in 24 Stationen. Die Winterreise hat 24 Lieder, der Tag hat 24 Stunden. So ist das bei uns dann auch ein Tagesablauf von der Nacht über den Tag bis zur nächsten Abenddämmerung. In diesen 24 Stationen, gibt es einen Seelenzustand, der von völlig verzweifelt, todessehnsüchtig, wütend, traurig, rückblickend, in der Erinnerung schwelgend. Also diese ganzen Dinge, die wir auch selber kennen, solche Zustände, in die man kommt, wenn man fürchterlichen Herzschmerz hat oder so etwas. Das ist diese Seelenlandschaft, die wir zeigen. Insofern orientiert sich das Ganze sich an der Musik von Schubert. Das wird ein kontemplativer Liederzyklus. Die Seelenlanschaft wird ihr Übriges dazu tun, dass man die Musik sehr genießen kann.

MiR: Wie werden Musik und Puppen interagieren?

Annette Dabs: Das Schöne ist, dass die Puppen zum Teil einfach nur da sind. Es gibt Passagen, wo wir mit den etwas größeren Puppen arbeiten, aber auch die kleinen Puppen, es wird eigentlich immer das Gleiche sein. Die tauchen auf und die sind da, so wie in einer Landschaft. Tiere sind auch einfach da, die richten sich nicht danach, ob ich jetzt die Stimmung hab oder ob eine Musik langsam ist, laut oder leise. Die sind da und dann sind sie wieder weg oder die gucken auch einfach nur. Dieses nur da sein ohne einen Kommentar zu spielen macht was mit der Musik.

Stefanie Oberhoff: Und dann ist noch, wenn wir das denn hinkriegen, so ein bisschen geplant, dass man auf die Entfernung kleine Tiere sieht, die man assoziiert mit Tieren aus der Natur, wenn die näher kommen sind das größere Puppen mit menschlicher Gestalt. Diese Puppenspieler in den Tierkostümen sind dann so eine Art Krafttiere oder so, die mit den Solisten und Solistinnen auch gemeinsam auf den Weg gehen. Das heißt, da ist auch so eine Entwicklung von Natur, die sich mit einem verbindet oder die man erst nicht wahrnimmt und dann doch wahrnimmt.

Annette Dabs: Man kann auch sagen, die eigene Natur, der eigene natürliche Zustand, der will wiedergefunden werden. Weil der eigene natürliche Zutand kennt nicht die Verzweiflung, die Hysterie, kennt nicht die Angst sondern der eigentliche natürliche Zustand ist völlige Ruhe und Ausgeglichenheit. Die Krafttiere, wenn wir sie jetzt mal so nennen wollen, die erinnern immer wieder daran, versuchen die Sänger und Sängerinnen in die Richtung zu schieben. Aber ob das gelingt, werden wir dann vielleicht bei der Premiere entscheiden können.
Zum Anfang

Großpuppe

Das ist die Hand der riesigen Puppe im Rohzustand. In den Werkstätten des Musiktheaters im Revier wurde die riesige Puppe Stück für Stück zusammengesetzt. Zuallererst kam die Hand, dann folgten Kopf und Rumpf der Großpuppe, die als Bühnenbild dienen soll. Sie wird an langen Seilen geführt, die an der Decke befestigt sind. Das braucht Kraft und gute Teamarbeit, denn die Puppenspieler*innen führen die Puppe gemeinsam.

Zum Anfang
Zum Anfang
Zum Anfang

Papierpuppen

In der "Winterreise" bauen die Puppenspielerinnen ihre eigenen Puppen, aus Zeitungspapier und Klebeband. Einige haben Gelenke, andere (vorne im Bild) gleichen eher Standbildern. Diese Puppen zeigen, dass es nicht viel braucht, um mit totem Material lebendige Geschichten zu erzählen.
Zum Anfang
 
Zum Anfang
Zum Anfang

Puppen in Menschengröße

Hinter dieser Puppe versteckt sich die Puppenspielerin Gloria Iberl-Thieme. Die Vorbilder für die Menschenpuppen stammen aus der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Für Stefanie Oberhoff ist es ein neues Experiment, dass die Puppenspieler*innen in den Kostümen selbst zu Puppen werden. So zeigt sie, dass auch Kostüme Puppen sein können.
Zum Anfang
Schließen
Vorher/Nacher Ansicht

Vorher/Nachher-Ansicht starten
Zum Anfang
Zum Anfang

Frankenstein

In der Oper "Frankenstein" spielt eine Puppe die Hauptrolle. Am Musiktheater im Revier führten drei Puppenspielerinnen das zwei Meter große Monster Frankensteins. Das war eine herausfordernde Aufgabe, da sie gemeinsam zu einer Rolle verschmelzen mussten. Zusätzlich haben sie gesungen und gesprochen, all das im Takt zur Musik. Es gab daher einen eigenen Dirigenten, der den Puppenspielerinnen ihre Einsätze anzeigte.

Zum Anfang
Die Erschaffung eines künstlichen Menschen ist das erklärte Ziel des ehrgeizigen jungen Wissenschaftlers Viktor Frankenstein. Doch dann verstößt er die von ihm geschaffene, missgestaltete Kreatur. Das Monster, das sich nach der Liebe seines „Vaters“ sehnte, schwört grausame Rache …

In einer stürmischen Gewitternacht am Genfer See wird die Idee zu einem der großen Romane der Weltliteratur geboren: Mary Shelley schreibt „Frankenstein“ in jenem Sommer ohne Sonne des Jahres 1816. Musste ihr Erstling zunächst noch unter einem Pseudonym erscheinen, ist der Stoff heute tief in unserem kulturellen Bewusstsein verankert, nicht zuletzt dank zahlreicher Verfilmungen, von denen diejenige mit Boris Karloff wohl die berühmteste ist. Shelleys „Frankenstein or The Modern Prometheus“ hatte großen Einfluss auf das Horrorgenre und gilt zugleich als einer der ersten Science-Fiction-Romane. Heute, im Zeichen von Künstlicher Intelligenz, ist der Stoff aktueller denn je. Zugleich wirft er überzeitliche philosophische Fragen auf – etwa nach dem Ursprung des Bösen oder nach dem Verhältnis des Menschen zur Natur.

Nicht der Wissenschaftler Frankenstein steht im Mittelpunkt der Oper des jungen Komponisten Jan Dvořák, sondern das Monster, das von einer Puppe dargestellt wird. Dvořák schrieb sich seinen eigenen Text, der eng an Shelleys Roman angelehnt ist. Die Musik besticht durch ihre große atmosphärische Dichte, besondere Akzente setzt ein Geräuschemacher. „Frankenstein“, ursprünglich als Schauspiel für das Theater Basel konzipiert, wurde im Juni 2018 als Auftragswerk der Staatsoper Hamburg auf Kampnagel uraufgeführt und ist nun in einer Neuinszenierung erstmals am MiR zu sehen.

Hier geht es zum Trailer des Stückes

Zum Anfang

Die Puppenspielerinnen verraten: Wie führt man eine zwei Meter große Puppe?

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Schließen
Vorher/Nacher Ansicht

Entstehung: Bis eine Puppe fertig ist wird ausprobiert und experimentiert. Deshalb gibt es Frankensteins Monster in zwei Versionen der Puppenbauer*innen Karin Mewes und Ingo Tiefensee. Hier ist die Vorher-Nachher-Ansicht für den direkten Vergleich. 

Vorher/Nachher-Ansicht starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Zitate aus Presseartikeln

"Frankensteins Monster ist in die Welt geworfen. Und mit ihm gekommen sind drei junge Puppenspielerinnen, die dieses Geschöpf zum Leben erwecken, ihr ihre Stimme leihen und die in der Folge zu den tragenden Akteuren, ja zu den Stars eines eindringlichen Abends werden [...] Dass der Gelsenkirchener „Frankenstein“ zu einem wirklich großen Bühnenereignis gerät, das man so schnell nicht vergessen wird, liegt an den wunderbaren Puppenspielerinnen."
(Wolfgang Platzeck, WAZ, 29.09.2019)

"Es dauert nur wenige Augenblicke, bis die drei Spielerinnen so mit der Puppe verschmolzen sind, dass sie nur noch Schatten neben dem Monster zu sein scheinen, das aus sich selbst heraus agiert. Fast paradox: Noch eindrücklicher wird das Eigenleben des Monsters dadurch, dass die Spielerinnen immer wieder auch mit der Puppe direkt interagieren, um dann wieder in den Schatten zurückzutreten. Das hat große Klasse."
(Honke Rambow, fidena.de)

"Für die neu eingerichtete Puppenspielsparte des Theaters, die mit Frankenstein nicht nur ihren Einstand geben, sondern auch gleich die Eröffnung der aktuellen Spielzeit stemmen muss, erweist sich diese Stückwahl als Unglück. Dabei schindet die zwei Meter große Puppe, die in einem anatomischen Theater zum Leben erwacht, durchaus Eindruck mit ihren künstlichen Knochen, Muskeln und Sehnen.
Gunther von Hagens „Körperwelten“ scheinen Pate gestanden zu haben für dieses 15 Kilogramm schwere Monster, das mit choreographischem Können geführt wird von Evi Arnsbjerg Brygmann, Bianka Drozdik und Eileen von Hoyningen Huene."
(Anke Demirsoy, theater pur, 08.10.2019)

"Trotz exzellenter Führung durch die Puppenspielerinnen Evi Arnsberg Brygmann, Bianka Drozdzik und Eileen von Hoyningen-Huene gewinnt das Ungeheuer kein Leben, geschweige denn auch nur einen Hauch von Dämonie. Das geht aufs Konto der Regie und der Fehlentscheidung, lähmende Textmengen den zarten Frauenstimmen zu überantworten."
(Bernd Aulich, Recklinghäuser Zeitung, 08.10.2019)

Stimmen aus dem Musiktheater

"Ich hatte das Vergnügen gleich als Erstes im Frankenstein schon mit einer Riesenpuppe konfrontiert zu werden. Das war doch ein sehr starkes Erlebnis, weil ich vorher unter Puppenspiel nur an die Augsburger Puppenkiste gedacht habe und das natürlich was ganz anderes ist als dann wirklich diese lebensgroßen echten Puppen zu sehen, die dann von drei Puppenspielerinnen gespielt werden. Das war schon sehr eindrucksvoll."
(Benjamin Hoffmann, stand in "Frankenstein" zum ersten Mal mit einer Puppe auf der Bühne)

"Ich weiß noch nach der Premiere die [Puppenspielerinnen] wurden richtig gefeiert. Und auch zurecht, weil das für sie eine Scheiß-Arbeit war. Vor allem weil das Stück eigentlich anders konzipiert war ursprünglich. Sie mussten nicht nur die Puppe führen, sondern dazu auch die Texte rezitieren und selber noch einzelne Rolle einnehmen und zusätzlich dazu noch singen. Das war eigentlich eine schwere Aufgabe für sie, aber die haben sie meisterhaft geschafft und das wurde sehr honoriert."(Benjamin Hoffmann, Opernsänger)
"Unsere Besucher, die im Frankenstein waren, so leid es mir für unsere Sänger tut, erzählen in erster Linie von der großartigen Puppe und ihren Spielerinnen."
(Michael Schulz, Intendant)

"Alle Leute, mit denen ich gesprochen habe, die waren total begeistert, die konnten total der Gefühlswelt des Monsters folgen, die waren auch total berührt von dieser Figur und berührt von dem, was wir gemacht haben. Ich glaube, viele waren auch sehr dankbar mal zu sehen: Ah, Puppenspiel für Erwachsene, das bedeutet das eigentlich!"(Eileen von Hoyningen-Huene, Puppenspielerin)

"Das war eine riesige Explosion, nach jeder Vorstellung. Auch von den Kollegen."(Bianca Drozdik, Puppenspielerin)
"Ich hab vieles gesehen, das Schauspiel mit Puppenspiel zusammen auf die Bühne bringt, aber Musiktheater mit Puppenspiel das ist ganz was anderes. Ich hatte für mich immer eine Vorstellung es sei ganz klein, also Puppenspiel wär dann nur im Hintergrund und das war die erste Erfahrung mit Frankenstein, dass die Figur, also die Puppe und die drei Puppenspielerinnen sind die Hauptfigur, die die ganze Geschichte durchziehen. Es ist möglich und es funktioniert und alle verstehen, was wir erzählen. Und dann kann man sich das ohne Puppe auch gar nicht vorstellen."
(Anastasia Starodubova, Puppenspielerin) 
 



Zum Anfang

Perô oder die Geheimnisse der Nacht

Das Familienstück von Guus Ponsioen "Perô oder die Geheimnisse der Nacht" ist die zweite Produktion der Puppenspielsparte am Musiktheater im Revier. Sie entstand in Kooperation mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Alle Puppen wurden in der Werkstatt der Hochschule gebaut. Etwa die beiden Hauptrollen Colombina und Perô.

Das Besondere an dieser Produktion: Die Puppen verkörpern Menschen, können aber nicht mal ihren Mund öffnen, ihre Mimik ist starr. Das erfordert viel Konzentration und technisches Können, damit diese Puppen für das Publikum lebendig werden. Wenn das gelingt, ist es besonders faszinierend.
Zum Anfang
In dem kleinen italienischen Dorf Fanghetto leben die Wäscherin Colombina und der Bäcker Perô Tür an Tür. Perô arbeitet nachts, Colombina tagsüber – wie können sie da je zusammenkommen? Denn das ist Perôs sehnlichster Wunsch. Doch Colombina fürchtet sich vor der Finsternis, der Schwärze. Perô aber kennt die Geheimnisse der Nacht, wenn der Bach leise am Dorf vorbeirauscht und die Forellen träumen. Ob er seine Colombina wohl davon überzeugen kann, dass es nichts Schöneres gibt, als nachts durch die stillen Gassen zu spazieren? Als der Maler Paletino im Dorf auftaucht, alles mit grellen Farben überzieht und Colombina den Hof macht, sieht Perô seine Felle für immer davonschwimmen ... Dann aber findet alles doch noch ein gutes Ende. Mond und Sonne lachen über das Geschehen und kommen sich ebenfalls ein wenig näher. Ein verspielt-witziges Stück über große Fragen des Lebens – Liebe, Heimat, Glück –, die auch schon junge Menschen beschäftigen. Guus Ponsioen stammt aus den Niederlanden und hat sich in seiner Laufbahn vor allem auf das Komponieren von Werken für das Kinder- und Jugendtheater verlegt. Er arbeitete mit so namhaften Autoren wie Ad de Bont zusammen und vertonte u.a. Elke Heidenreichs populäres Kinderbuch „Nero Corleone“. Sein Stück „Perô oder die Geheimnisse der Nacht“ ist für zwei Sänger und zwei Puppenspieler geschrieben und basiert auf dem überaus erfolgreichen gleichnamigen Buch des französischen Erfolgsautors Michel Tournier, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde.
Zum Anfang
Im Stück gab es eine besonders magische Szene: die Puppe Perô läuft das erste Mal selbstständig über die Bühne. Es ist eine der Szenen, die den Puppenspieler*innen besonders viel Konzentration und technisches Können abverlangen. Daniel Jeroma erklärt woran das liegt.

"Da kommt es viel auf Technik an. Es ist auch technischer als im Schauspiel, da kann man mehr den Emotionen freien Lauf lassen und einfach machen, wie es einem kommt und mehr improvisieren. Das geht bei der Puppe nicht. Die hängt ganz ab von der richtigen technischen Führung [...] eine bestimmte Kopfbewegung oder Körperhaltung oder der Rhythmus der Puppe oder die Position der Puppe" übertragen die Emotionen auf das Publikum.

Daniel Jeroma hat den Perô in dieser Szene zusammen mit Gloria Iberl-Thieme bewegt. Einer den Kopf und die Arme, der andere die Beine. An der gemeinsamen Führung sei besonders herausfordernd "einen gemeinsamen Rhythmus zu finden, sich gemeinsam abzusprechen ohne dabei Worte zu benutzen, sondern den Impuls vom anderen abzunehmen", sagt Daniel Jeroma.

Auf der nächsten Seite ist die Szene als Video zu sehen.


Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
"Ein zauberhaft poetisches Bühnenereignis" mit "Charme und Spielwitz"
(Bernd Aulich, Recklinghäuser Zeitung, 18.12.2019)

"In den Hauptrollen glänzen Daniel Jeroma und Gloria Iberl-Thieme"
(Maria Eckardt, WAZ, 12.12.2019)

"Als Perô das erste Mal anfängt zu laufen, das ist ein magischer Moment"
(Michael Schulz, Intendant des Musiktheater im Revier)
Zum Anfang

Drei miese fiese Kerle

Heimlicher Star dieser Inszenierung war die "karierte Katze". Es ist eine Klappmaul-Puppe mit karierter Latzhose und neugierigen, schelmischen Katzenaugen. Gebaut haben sie Melanie Sowa und Mario Hohmann. Auf der Bühne wird sie nicht von einem Puppenspieler, sondern von  dem Opernsänger Benjamin Hoffmann geführt.
Zum Anfang

Neue Aufgaben für die Opernsänger: Benjamin Hoffmann über seine Rolle als Katze in "Drei miese fiese Kerle" und was er am Puppenspiel besonders schwierig fand.

0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Zum Anfang
Konrad und seine Eltern wohnen eigentlich in einem schönen Haus. Aber leider liegt es in der Nähe eines Geisterschlosses. Drei miese, fiese Kerle treiben dort ihr Unwesen: das dicke Ungeheuer, der bleiche Nachtmahr und das Gespenst. Sie sind riesengroß und ganz schön gruselig. Ständig spuken sie durch die Gegend und erschrecken Wanderer, so dass den ganzen Tag der Krankenwagen kommen muss, um die erschreckten Leute einzusammeln. So kann es nicht weitergehen, findet Konrad, und beschließt, den drei miesen, fiesen Kerlen das Handwerk zu legen. Bewaffnet mit Anti-Gespensterkugeln zieht der furchtlose Konrad zum rußigen Schloss, wo die Kerle hausen. Aber ganz so einfach ist es nicht, die Geister zu überlisten. Erst mit Hilfe der Karierten Katze gelingt es Konrad, alle drei miesen, fiesen Kerle zu besiegen. Endlich kehrt wieder Ruhe ein in Konrads Straße, so lange, bis Wanderer von einer riesengroßen Katze berichten ... Zusammen mit der Illustratorin Susann Opel-Götz hat Paul Maar mit „Drei miese, fiese Kerle“ einen Kinderbuch-Klassiker geschaffen, in dem die Gespenster schnell zu komischen Figuren werden, wenn man, wie Konrad, keine Angst vor ihnen hat. Auf ein Libretto von Manfred Weiß komponiert der französische Komponist Zad Moultaka nach „König Hamed und Prinzessin Sherifa“ seine zweite Kinderoper für fünf Darsteller*innen und sechs Instrumentalist*innen als Auftragswerk des Musiktheater im Revier.

Zum Anfang
Zitate aus Presseartikeln

"Hervorheben muss man auf jeden Fall die hervorragend gespielt und gesungene Katze durch Benjamin Hoffmann."(Holger Jehle, Abenteuer Ruhrpott,10.12.2019)

„Gerade mal eine Stunde dauert die Aufführung. Gefühlt währt sie eine Ewigkeit. Albern ist eingangs der Auftritt des gestandenen Baritons Piotr Prochera und des Bassisten John Lim aus dem hauseigenen Opernstudio in voller Rettungssanitäter-Montur geraten. Pfiffig stellt Sopranistin Dongmin Lee als Konrad mit Hilfe der Karierten Katze, einer von Benjamin Hoffmann geführten Klappmaul-Puppe, Anti-Gespensterkugeln und guten Tipps von Vater und Mutter ein Monster nach dem anderen kalt – erst das weiße Gespenst (Anke Sieloff), dann das bleiche Nachtmahr (Piotr Prochera) und schließlich das fetteste von allen (John Lim). Die Pointe, dass der Kater durch den Verzehr der drei miesen, fiesen Kerle selbst zum Monster mutiert, wollte Carsten Kirchmeier dem jungen Publikum offenbar nicht zumuten. Zad Moultakas kurzatmige Musik lässt keine ausgeprägte Gesangsphrase zu. Den von Peter Goller behänd geleiteten sechs Instrumentalisten der Neuen Philharmonie Westfalen verlangt sie reichlich Konzentration ab.“
(Bernd Aulich, Recklinghäuser Zeitung, 26.11.2019)

Stimmen aus dem Haus

"Einer unserer Opernsänger musste mit einer Puppe spielen. Wie schnell er sich das angeeignet hat, wie Puppe zu einem Teil von ihm wurde. Das ist total schön und beglückend."(Michael Schulz, Intendant des Musiktheater im Revier)

"Sobald die Katze überhaupt nur aufgetaucht ist von der Seite dann war das: ´Ah, da ist die Katze´. Das war schon schön, weil man sich gerade bei Kinderstücken über so direkte Äußerungen irgendwie freut." (Benjamin Hoffmann, die Katze)


Zum Anfang

Eileen von Hoyningen-Huene

Eileen von Hoyningen genannt Huene ist Schauspielerin und Puppenspielerin. Sie studiert seit 2016 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und wird im September 2020 ihren Abschluss machen. Seit August 2019 ist sie Mitglied des MiR Puppentheaters Gelsenkirchen und hier unter anderem in der Oper „Frankenstein“ zu sehen sowie in der Inszenierung „Der Prozess“ von Franz Kafka am Theater St. Gallen. Im Rahmen ihrer Ausbildung spielte sie in der Studioinszenierung „Das Fest“ von Thomas Vinterberg die Rolle des Christian Klingenfeld-Hansen an der Schaubude Berlin. Eigene Projekte erarbeitete sie im Rahmen ihres Vordiploms mit der Inszenierung „RAR - zäh wie Windhunde“ gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Bianka Drozdik.


Zum Anfang
„Puppentheater oder Puppenspielkunst bedeutet für mich Grenzüberschreitung. Die Grenze zwischen Schauspiel und Material, zwischen darstellender Kunst und bildender Kunst, zwischem totem und lebendem Material oder auch zwischen Tönen und Sounds. Puppen- oder Figurentheater ist für mich eine permanente künstlerische Forschung und Suche.“

(Eileen von Hoyningen-Huene)
Zum Anfang

Bianka Drozdik

Bianka Drozdik wurde 1992 in Kecskemét in Südungarn geboren. Das Theater spielte schon in ihren Gymnasialjahren eine große Rolle, als besonderes Abiturfach hatte sie Drama, Dramaturgie- und Theatergeschichte gewählt. Dem Abitur folgten vier Ausbildungsjahre als Schauspielerin in Kaposvár und Budapest. Sie arbeitete u. a. mit den ungarischen Regisseurinnen Eszter Novák und Éva Naszlady, und dem Regisseur Péter Kárpáti zusammen, die für ihre experimentellen Arbeiten und ihre Theatersprache bekannt sind. Sie spielte außerdem schon während des Studiums die Hauptrolle in Produktionen im Vörösmarty Színház-Theater in Székesfehérvár. Dort traf sie auf das Puppenspiel, und dank der Möglichkeit, dessen zeitgenössische Entwicklung kennenzulernen, beschloss sie, in Berlin an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Zeitgenössische Puppenspielkunst zu studieren. Während des Studiums erwarb sie das Deutschlandstipendium für ihre besonderen Leistungen. Sie ist in der Spielzeit 2019.20 Mitglied des MIR Puppentheaters Gelsenkirchen und hier in der Produktion „Frankenstein“ zu erleben.

Am Theater St. Gallen spielt sie unter der Leitung von Markus Joss in der Inszenierung „Der Prozess“ von Franz Kafka.


Zum Anfang
 „Das Theater der Dinge bedeutet für mich, einen Schritt in die Poesie zu machen. Hinter alltäglichen Gegenständen, Geschichten und Menschen verbirgt sich das Unsichtbare, das Wunderbare, das Unbeschreibliche.“

(Bianca Drozdik)
Zum Anfang

Evi Arnsbjerg Brygmann

Evi Arnsbjerg Brygmann wurde in 1994 in Kopenhagen, Dänemark, geboren. Sie ist Schauspielerin und Puppenspielerin und studiert seit 2016 an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch” in Berlin. Im September 2020 wird sie dort ihren Abschluss machen. Seit August 2019 ist sie Mitglied des MiR Puppentheater Gelsenkirchen, wo sie unter anderem in der Oper „Frankenstein” zu sehen ist. Außerdem spielt sie in der Inszenierung „Der Prozess” von Franz Kafka am Theater St. Gallen. Eigene Projekte erarbeitete sie im Rahmen ihres Vordiploms mit der Inszenierung „Cosmic Calm Down”, mit der sie in Berlin, auf dem Welser Figurentheater Festival und im Puppentheater Halle aufgetreten ist.


Zum Anfang
„Als Puppenspielerin möchte ich das Publikum genauso zum Staunen bringen, wie mich selbst Puppenspiel immer wieder zum Staunen bringt. Puppenspiel muss sich nicht an die physikalischen Gesetze halten, weshalb es sich im wahrsten Sinne vom ‚normalen‘ Theater abheben kann.“

 (Evi Arnsbjerg Brygman)
Zum Anfang

Anastasia Starodubova

Anastasia Starodubova wurde in der Stadt Neftekamsk in Russland geboren. 2015 begann sie ihre Schauspielausbildung an der Athanor Akademie für Darstellende Kunst in Passau und hatte dort ihre erste Begegnung mit Puppenspielkunst. Seit 2016 studiert sie Puppenspiel an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Zusammen mit drei Kommilitoninnen ist sie seit der Spielzeit 2019.20 Mitglied des neuen MiR Puppentheaters Gelsenkirchen und hier erstmals in der Oper „Frankenstein“ zu erleben. Am Theater St. Gallen spielt sie in der Inszenierung „Der Prozess“ von Franz Kafka. Noch während ihrer Studienzeit ist sie an verschiedenen freien Theaterprojekten beteiligt und erhielt 2018 den Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) für die Entwicklung russischen Kinderpuppentheaters in Deutschland. Im dritten Studienjahr spielt sie die Rolle der Olga in der Inszenierung „Das Fest“ von Thomas Vinterberg an der Schaubude Berlin.


Zum Anfang
„Ich sehe viel Potential im Zauber des Puppenspiels, das wir, als junge Künstler*innen, zu entdecken haben: Neue abstrakte Formen, neues Denken und Umgang mit Material und Objekten, was im Zusammenhang mit dem Spiel und der Animation neue Ebenen auf der Bühne erreicht.“

(Anastasia Starodubova)
Zum Anfang

Seth Tietze

Seth Tietze wurde 1990 in Berlin geboren und studierte seit 2017 Zeitgenössische Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Neben den regulären Studioaufführungen der Hochschule übernahm Seth Tietze im September 2018 eine Hauptrolle im Stück „Über das Suchen“ der Regiestudentin Lena Katzer, welches im bat-Theater Berlin Premiere feierte. Im Sommer 2019 folgte für das Bauhausfest Dessau in Kooperation mit der Kommilitonin Svea Schiedung eine eigene Produktion: „DadaDessau“. Das freie Vordiplom absolvierte Seth Tietze zusammen mit Lina Mareike Wolfram im Februar 2020 mit dem selbst entwickelten Stück „FÜNF.“, welches auf den Lebensgeschichten der Dionne-Fünflingen basiert. Seit Oktober 2019 ist Seth Tietze Stipendiat*in der Rosa-Luxemburg-Stiftung und in der Spielzeit 2020.21 festes Ensemblemitglied am Musiktheater im Revier.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Marharyta Pshenitsyna

Marharyta Pshenitsyna wurde 1997 in Dnipropetrowsk, Ukraine geboren. Nach dem Schulabschluss studierte sie ein Jahr lang Buchredaktion, bevor sie nach Deutschland zog, um das Studienkolleg in Halle an der Saale zu besuchen. Anschließend studierte sie an der HfS „Ernst Busch“ in berlin Zeitgenössische Puppenspielkunst. Schon während des Studiums entstanden eigene Projekte, dazu zählt die Mitarbeit an zwei freien Vordiplomen, Regie für ein Diplomprojekt, Gastspiele in Halle und in Österreich und ein freiwilliger Einsatz in der Organisation des russischen Theaters für die Minderheiten in Berlin. Im Februar 2020 führte sie ihr eigenes Vordiplom „VERBOTEN“ aus. In der Spielzeit 2020.21 ist sie festes Ensemblemitglied am Musiktheater im Revier.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Colin Danderski

Colin Danderski wurde 1998 in Berlin geboren. Erste Bühnenerfahrungen sammelte er in Theater-AGs, Schul- und Kirchenchören, bei Klavierauftritten sowie in der „Faster Than Light Dance Company“ (2013-2017, Leitung: Volker Eisenach). Danach war er ein Jahr im Rahmen eines FSJ Kultur als Regieassistent am Puppentheater Magdeburg tätig. Nach einem Praktikum bei TheaterTotal in Bochum begann er 2018 das Studium der Zeitgenössischen Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Mehreren studiumsinternen Arbeiten folgten zuletzt sein freies Vordiplom „Who done it?“ und die Studioinszenierung „Die lavede Zauberflöte“ unter der Regie von Astrid Griesbach. Daneben übernahm er Komparsen-, Kleindarsteller- und Sprechrollen in Film und Fernsehen, zuletzt in „Dutschke – Schüsse von rechts“ (ARD), „Lucie. Läuft doch!“ (RTL) sowie im Kinofilm „Liebesdings“ (Constantin Film). Seit der Spielzeit 2021/22 ist er Ensemblemitglied des MiR Puppentheaters.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Vollbild
MiR:
Warst du vorher schon in der Oper?

Colin Danderski:
Ja, ich war als Kind mit meiner Familie viel im Theater und in der Oper, vor allem in der Komischen Oper Berlin. Aber auch mit der Schule oder dem Theaterkurs...

MiR:
Was hast du von Deiner Zeit am MiR erwartet? Und was davon hat sich erfüllt?

Colin Danderski:
Ich hab gehofft, dass ich vor allem nach der langen Coronaunterbrechung einfach viel zum Spielen komme! Und das hat sich dann ja auch erfüllt. Vor allem die spartenübergreifende Zusammenarbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht. Deswegen habe ich mir für mein Diplom am Ende dann auch Tobias Glagau mit dazu geholt. Ich wollte auf jeden Fall nicht alleine arbeiten und konnte so das Spiel mit Musik noch weiter für mich erforschen.

MiR:Was nimmst du mit aus Deiner Zeit in der Puppensparte am MiR?

Colin Danderski:
Auf jeden viel ganz viele Erfahrungen - und den tollen Ensemblegeist. Und für mich die wieder entflammte Begeisterung fürs Musiktheater und die Lust, mich dort weiter künstlerisch auszuprobieren. Und natürlich ein T-Shirt [lacht] und das Versprechen wiederzukommen.

MiR: Gab es Dinge, die ganz neu für dich waren? Was hast du über das Haus selbst dazugelernt?

Colin Danderski:
Zum Beispiel das Sprechen mit Mikroports - und der ganze Theaterapparat, der so dahinter steckt. Ich kannte das schon im kleineren aus meiner Zeit als Regieassistenz am Puppentheater Magdeburg und von Theater Total - aber das für jeden Handgriff jemand da ist und dir hilft - das brauchte schon erst mal etwas Eingewöhnung. Als Puppenspieler ist man ja das Multitasking eigentlich gewöhnt... ist dann aber schon toll, weil man sich ganz aufs Spiel konzentrieren kann.

MiR: Wie haben Deine Erfahrungen am MiR Deine Diplominszenierung beeinflusst?

Colin Danderski:
Zuallererst würde ich sagen, dass ich natürlich einige Stücke gesehen und damit Seh-Erfahrungen gesammelt habe, die bestimmt unterbewusst meine eigene Regiearbeit beeinflusst haben. Ganz praktisch hab ich natürlich von meiner Zusammenarbeit mit Tobias profitiert, von den Gesprächen mit anderen Sängern, Korrepetitoren, meinen Kollegen. Von guten Inszenierungen bleiben da vor allem starke Bilder hängen. Und danach hab ich in meiner Arbeit gesucht... und hoffentlich ein paar gefunden [lacht].
Außerdem gibt es tatsächlich eine Parallele zwischen Kaspar Hauser und mir - wir haben beide durch die Kunst eine Möglichkeit zum Ausdruck gefunden. Auch wenn ich mir da etwas künstlerische Freiheit erlaubt habe - Kaspar Hauser hat wohl nie Cello gespielt. Aber es gibt Berichte über seine Freude am Klavierspiel.
Mir war wichtig zu zeigen, wie Kunst/Musik als universelle Sprache einen Menschen zu sich selbst führen kann. Und so hat mein Kaspar seinen eigenen Willen eigentlich erst mit seinem "Frühlingstraum" gefunden.

MiR:Deine Diplominszenierung erzählt von Selbst- und Fremdbestimmung - was für Erzähl-Möglichkeiten ergeben sich dadurch, dass der Protagonist eine Puppe ist?

Colin Danderski:
Sehr viele - das ist m.E. auch ein Reiz am Puppenspiel. Dass man so herrlich Machtgefüge, Manipulation und Abhängigkeiten darstellen kann. Ein einfaches Beispiel: Die Puppe will in die eine Richtung, der Spieler aber in die andere. Schon hat man einen Konflikt und dann geht es natürlich darum, den möglichst umständlich zu lösen. Außerdem hab ich mir mit Kaspar H. ja auch einen Protagonisten gewählt, der "anders" ist, weil er sich auch rein sprachlich nicht ausdrücken kann - von daher fällt es anderen leicht, ihm kein Gehör zu schenken, seine Bedürfnisse zu übergehen oder über seinen Kopf hinweg Entscheidungen zu treffen. Eine Puppe kann sich ja nicht wehren, die kann auch mal einfach in die Ecke gepfeffert oder - wie in meinem Fall - in ein Schrankgefängnis gesperrt werden. Die Herausforderung war dann eher, wie ich Kaspars eigenen Willen zeige, was wir dann über eine Traum- und Musikebene gelöst haben... Der Spieler ist ja zwangsläufig mit dran - das ist das Schöne, aber auch die Herausforderung von Puppenspiel.

MiR:Was planst du für die Zeit nach dem MiR und damit auch nach deinem Studienabschluss?

Colin Danderski:
Erstmal will ich endlich wieder reisen. Festivals besuchen, andere Städte aufsaugen - das war ja durch die Pandemie in den letzten Jahren eher schwierig...
Und ansonsten ist mein Studium ja noch nicht ganz vorbei - es steht noch eine schriftliche Arbeit an.
Ab Oktober geht´s dann sehr wahrscheinlich ans Theater Ansbach für ein Gastengagement. Und dann mal schauen, was die Zukunft bringt. Ich sehe dem inzwischen eigentlich ziemlich gelassen entgegen. Ich hab auf jeden Fall Lust, die Möglichkeiten der Kombination von Puppe und Musik noch weiter zu erforschen - vielleicht schon in einem nächsten Stück.
Schließen
Zum Anfang

Johanna Kunze

Johanna Kunze (*1996) organisierte vor ihrem Studium der Zeitgenössischen Puppenspielkunst mit dem freien Theaterkollektiv Wheels Kulturaustauschprojekte mit ukrainischen Theaterensembles. Sie spielte in mehreren Schauspielproduktionen in Charkiw und Sjewjerodonezk mit. Während ihres Studiums in Berlin realisierte sie unter dem Titel „Bis in die Puppen!“ einen Theaterpodcast. In der kommenden Spielzeit wird Johanna Kunze Ensemblemitglied des Theater Regensburg.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang

Puppet Masters

Als Abschluss der Spielzeit zeigen die Puppenspiel-Studierenden eigene Inszenierungen.

In „Disconnect“ erzählen  Bianka Drozdik und Eileen von Hoyningen Huene von einem Paar. Die eine wird durch eine tödliche Krankheit aus dem Leben gerissen und die andere bleibt einsam zurück. Bei Evi Arnsberg Brygmans „Amorph“ verwandelt sich ein Schildkrötenkopf, der an einen Säugling erinnert, zur Gestalt der Mutter. Anastasia Starodubova zeigt eine Umsetzung des Stücks „Sauerstoff“ des russischen Kultautors Iwan Wyrypajew, in dem eine moderne Paarbeziehung auf der Grundlage der Zehn Gebote beleuchtet wird.

 
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
Disconnect:
"Das ist ein Auftritt der starken Gefühle, bewundernswert eindringlich und authentisch gespielt. Als Schauspiel und als Auftritt dreier Puppenköpfe, die als Mannsbilder wie Fremdkörper wirken."
(Bernd Aulich, Recklinghäuser Zeitung, 09.09.2020)

Amorph:
"Die halbstündige Szene beeindruckt durch Mut zum suggestiven Experiment." (Bernd Aulich, Recklinghäuser Zeitung, 09.09.2020)

Sauerstoff (Iwan Wyrypajew)
"Anastasia Starodubova servieren eine surreale Melange aus Thesen und Erzählfetzen"
(Elisabeth Höving, WAZ, 07.09.2020)

"Die drei am 5. und 6. September 2020 am Musiktheater im Revier im Kleinen Haus vorgestellten Diplom-Inszenierungen zeigen eindrucksvoll die vielfältigen Erscheinungsformen des zeitgenössischen Puppentheaters, das sich der Aufgabe widmet, auf der Bühne etwas über den Menschen zu erzählen, und sehr viel mehr ist als nur Märchen- und Kindertheater."(Detlefs Notizblog, 08.09.2020)
Zum Anfang

Video-Reihe: Das Schaf

Zum Anfang

Gloria Iberl-Thieme über die Leitung der Sparte

Vollbild
MiR:
Wie hat sich das Musiktheater mit der neuen Puppensparte verändert?

Gloria Iberl-Thieme:
Ich würde sagen, dass wir frischen Wind reingebracht haben. Gerade am Anfang waren alle extrem an uns interessiert: Was macht ihr da, wie macht ihr das eigentlich? Wer seid ihr? Welche Arbeitsbedingungen braucht ihr?
Ich glaube, dass wir neue Perspektiven sowohl gewonnen, als auch ins Haus gebracht haben: was auf der Bühne möglich ist und was für andere Spiel- und Arbeitsweisen möglich sind. Auch die  Abläufe hinter den Kulissen mussten ein bisschen angepasst werden. Die Gewerke mussten sich auf uns einstellen, Räumlichkeiten mussten zum Teil neu verteilt werden. Also da ist es sicher keinem entgangen, dass wir da sind [lacht].

MiR:
Wie ist das bei den Abläufen und innerhalb der Gewerke, was habt ihr da verändert?

Gloria Iberl-Thieme:
Diese Frage könnten vermutlich die Kollegen aus der Requisite am besten beantworten. Puppen müssen verpflegt werden. Da fällt schon mal ein Gelenk auseinander, wird beim Proben zu sehr beansprucht, irgendwas geht kaputt. Das ist normal, das passiert einfach. Manchmal müssen auch Puppen umgebaut oder den Anforderungen, die sich im Probenprozess ergeben haben angepasst werden. Und dann muss die Requisite ran. Oft ist Erfindungsgeist gefragt. Es gibt ja bei einer Puppe keine Vorgaben, keinen vorgeschriebenen Bauplan. Man muss sich jedes Mal wieder ein bisschen reinfuchsen. Die Kollegen aus der Requisite, sind wahrscheinlich die, die uns am meisten unterstützen müssen.
Aber auch auf der Bühne haben wir andere Arbeitsabläufe. Sänger studieren zum größten Teil ihre Partituren vorher ein, lange bevor es auf die Bühne geht und setzen das dann szenisch auf der Bühne um. Bei uns ist das komplett anders. Wir gehen natürlich vorbereitet mit der Rolle, dem Stück und dem Stoff im Kopf auf die Proben, aber eigentlich erfinden und kreieren wir das Stück oder die Rolle beim Probieren mit Hilfe des Regisseurs. Wir haben ein anderes Probentempo. Was beim Puppenspiel nochmal speziell ist: Wir sind nicht nur die Menschen, die auf der Bühne sind, sondern auch dieses Objekt, von dem man herausfinden muss, wie sieht es aus, wenn ich es bewege, was kann das ausdrücken, was braucht das, damit es lebendig wird? Das ist ein großer Unterschied zu Schauspieler*innen, die den direkten Weg zum Ausdruck über den eigenen Körper gehen. Das braucht unter Umständen ein bisschen mehr Zeit. Und auch die Regisseure müssen darauf eingehen. Manchmal ist unsere Arbeit sehr technisch, bevor es anfängt spielerisch und lebendig zu werden.
MiR:
Gab es Puppen oder andere Objekte, die die Requisite auch gebaut hat?

Gloria Iberl-Thieme:
Ja, das gab es schon, aber in der Regel werden für den Bau der Puppen von den jeweiligen Regisseuren externe Puppenbauer beauftragt, die sich darauf spezialisiert haben, Puppen zu bauen.


MiR:
Du meintest vorhin, dass der Probenprozess länger ist? Michael Schulz sagte, dass ihr in Richtung sechs Wochen geplant hättet. Wie lange wäre für euch die Probenzeit denn bestenfalls?

Gloria Iberl-Thieme:
Das kann man pauschal gar nicht sagen. Manchmal ist man schneller, manchmal langsamer, das sind zum Teil keine vorhersehbaren Prozesse auf einer Probe. Aber sechs Wochen sind schon eine gute Zeit.

MiR:
Du hast Corona gerade schon angesprochen. Wie hast du das erlebt, Corona ist ja zeitgleich mit der Einrichtung der Sparte zusammen gefallen. Welchen Einfluss hatte die Pandemie aus deiner Sicht auf die Einrichtung der Sparte?

Gloria Iberl-Thieme:
Es hatte vor allen Dingen einen Einfluss auf die Ausstrahlung auf unser Publikum, die wir erreichen konnten. Es gab diesen großen Knalleffekt, gleich mit der ersten Produktion „Frankenstein“. Die Puppen sind da! Aber wenn das dann sofort wieder verschwindet, das ganze Theater fast verschwindet, dann hat man es natürlich schwer. Das war das denkbar Ungünstigste, was passieren konnte.  Und auch intern hat uns das ausgebremst. Zum Beispiel als Ensemble zusammen zu finden. Wir waren fast alle komplett neu am Haus.

MiR:
Einfach, weil ihr noch keine Zeit hattet, euch richtig kennenzulernen? Und dann gab es Produktionen...

Gloria Iberl-Thieme:
...Es konnte sich nicht einspielen. Und dann mussten wir ad hoc loslegen. Aber alle haben mitgemacht. Es hat irgendwie funktioniert.

MiR:
Erinnerst du dich an Momente, wo für dich deutlich wurde, dass hat sich letztendlich doch eingespielt? Ich denke jetzt an "Jauchzet, frohlocket" als spartenübergreifende Produktion, wo es sehr rund wirkte.

Gloria Iberl-Thieme:
Michael Schulz hat die Szenen so aufgebaut, dass Puppenspieler*innen und Sänger*innen zunächst separat probieren konnten. Dann erst wurde das zusammen gefügt. Das war sehr gut. So konnte am Ende alles zusammen wachsen und jeder hatte genug Raum.

MiR:
Jetzt würde ich gerne auch über ein paar Beispiele sprechen. Fallen dir Stücke ein, wo es besonders deutlich wird, was Puppen im Musiktheater für eine neue Erzählebene einbringen können?

Gloria Iberl-Thieme:
Da ist "Jauchzet, frohlocket" ein gutes Beispiel. Wir Puppenspieler*innen, sind in der Inszenierung unter anderem als Gauklertruppe aufgetreten. Wir sind immer wieder von außen dazu gekommen. Die Gaukler haben den Fluss der Bilder und der Musik unterbrochen und dem Publikum und den Sängern auf der Bühne kurze Szenen vorgespielt. Aber wir haben diese Szenen eben nicht nur selbst, also mit unseren Körpern gespielt, sondern über das Medium Puppe dargestellt. In einer Szene animieren wir zwei Kinderpuppen. Die beiden Kinder werden reichlich beschenkt unter anderem mit einer Schusswaffe die dann im Streit losgeht. Eines der Kinder stirbt. Eine solche Szene kann man in ihrer Brutalität nur mit Puppen darstellen, weil der Blick auf die Realität immer gleichzeitig abstrakt bleibt. Wir verwenden hier die Technik des „offenen Spiels“. Das heißt die Spieler*innen sind sichtbar hinter den Puppen mit auf der Szene. Man sieht nicht nur die Illusion der lebenden Puppe, sondern die Zuschauer*innen sehen, wie diese Illusion erzeugt wird.                                                                  Wenn ein Regisseur mit solchen Techniken umzugehen weiß, dann kann das ein sehr starkes Spiel- und Theaterelement sein. Puppen bieten auch immer eine Projektionsfläche für die Fantasie der Zuschauer*innen. Wir Puppenspieler*innen bewegen und animieren sie, aber zu lebendigen Wesen werden sie erst im Kopf des Zuschauers.

MiR:
Eine Sache, die ihr neu etabliert habt in den letzten Spielzeiten, waren eure Social Media Videos, wo ihr ja wirklich auch kleine Stücke entwickelt habt. Ich denke an die Reihe "Puppen lügen nicht". Wie sind die entstanden? Wer hatte die Idee?

Gloria Iberl-Thieme:
Wir wollten neugierig machen auf das, was die neue Sparte am Haus vorhat. Vor allem, dass wir Puppentheater nicht nur für Kinder machen. Ich hatte so ein paar Ideen dazu. Simon Baucks, der als Kameramann und Regisseur dazukam, hat diese Ideen aufgegriffen. Daraus sind dann eine Videoreihe entstanden. Simon und ich haben vier kleine Szenen geschrieben, jeder zwei. Die Puppen für den Dreh, durften wir uns zum größten Teil aus dem Fundus der Berliner Hochschule Ernst Busch ausborgen. Wir selber hatten zu dem Zeitpunk noch keinen Fundus hier am Haus. Ich glaube, dass die Videos für viele Leute ungewöhnlich waren. Viele assoziieren mit Puppenspiel vor allem Kindertheater. Ich hab mich jedenfalls sehr über die vielen interessierten Reaktionen auf die Videos gefreut.

MiR:
Wo kamen diese Reaktionen her?

Gloria Iberl-Thieme:
Als dann der Spielbetrieb wieder aufgenommen wurde, wurde ich öfter von Zuschauer*innen auf die Videos angesprochen. Während des Lockdowns haben wir es damit doch immerhin ein bisschen geschafft, die Menschen und unser Publikum zu erreichen. Vorher gab es ja auch noch eine andere Videoreihe mit einem Papierschaf. Mit dem Schaf sind wir mal durch Gelsenkirchen gelaufen, weil wir draußen etwas aufnehmen wollten und tatsächlich wurde das Schaf von Passanten erkannt. Es sieht ja nicht wirklich aus wie ein Schaf, dieses etwas kryptische Papierwesen, man muss schon "Schaf" dazu sagen. Aber die Leute hatten es ein bisschen lieb gewonnen zu der Zeit.

MiR:
Das macht man, glaube ich, ganz gut mit. Das ist ja super interessant, ich würde sagen, die Videos haben dann ja noch gar nicht richtig die Plattform, die sie eigentlich haben könnten. Oder um es anders zu sagen, sie sind eigentlich doch ein wenig untergegangen, oder?

Gloria Iberl-Thieme:
Wir waren nicht die einzigen. Während des Lockdowns haben fast alle Theater Videoformate für Social Media Kanäle entwickelt, als Möglichkeit nach draußen zu gehen. Das Angebot war riesig. Man muss eben sehen was davon und wie man diese Formate auch weiterhin einsetzten kann. Wir sind ein Theater und dazu gehört ganz wesentlich die Einmaligkeit und Vergänglichkeit einer Aufführung, die Begegnung mit dem Publikum in einem Raum. Es ist wunderbar, dass das wieder möglich ist. In anderem Kontext kann ich mir aber durchaus vorstellen die Videoformate nochmal aufzugreifen. Gerade beim Schaf, ist immer sehr viel spontan entstanden, aus der Situation heraus. Das macht Riesenspaß, weil man nie genau weiß, was dabei heraus kommt.


MiR:
Ja, das Schaf ist ja im Grunde auch aus sehr rudimentären Materialien.

Gloria Iberl-Thieme:
Das ist einfach zusammen geknülltes Papier mit Gaffa-Tape und ein bisschen Fell. Die Puppe haben wir unter der Anleitung der Künstlerin Steffi Oberhoff gebaut. Steffi Oberhoff baut ihre Puppen oft so. Man darf diese einfachen gebauten Objekte, nicht unterschätzen. Das ist eine hohe Kunstfertigkeit.

MiR:
Was für Aufgaben sind für dich dazugekommen, seitdem du jetzt Leiterin der Puppensparte bist?

Gloria Iberl-Thieme:
Zum Beispiel bin ich bei der Aufstellung des Spielplans, bei der Auswahl der Regisseure, Puppenbauer und der Spieler*innen beteiligt. Die Koordination der Sparte innerhalb des Hauses fällt ebenfalls unter meine Aufgaben. Die Doppelfunktion, also als Spielerin und Ensemblemitglied auf der einen Seite und organisatorische Verantwortlichkeiten auf der anderen ist manchmal herausfordernd, aber in vielen Situationen auch ein großer Gewinn. Ich habe dadurch Einblicke auf beiden Seiten, kann manchmal zwischen den beiden Bereichen vermitteln.
Schließen
Zum Anfang

Das komplette Interview mit Gloria Iberl-Thieme

Vollbild
MiR: Hast du, bevor du ans Musiktheater in Gelsenkirchen gekommen bist, schon mit Oper zusammengearbeitet?

Gloria Iberl-Thieme: Ja, kurz vorher in Weimar an der Oper. Da habe ich eine Produktion gemacht und die unterschiedlichen Arbeitsweisen kennengelernt, weil es ja schon eine andere Arbeitsweise ist, die man an der Oper hat.

MiR: Was ist bei der Opernarbeit denn anders?

Gloria Iberl-Thieme: Man ist natürlich durch so eine Partitur viel mehr an Vorgaben und an Timing gebunden. Ich muss nicht improvisieren, sondern richte mich nach den Vorgaben der Partitur.

MiR: Wie läuft die Probenarbeit im Puppenspiel ab?

Gloria Iberl-Thieme: Erstmal geht es viel darum, dass man sich mit der Puppe vertraut macht; wie sie funktioniert, wie sie reagiert, wenn ich sie bewege, weil das fast jedes Mal neu ist. Es ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit, dass wir uns viel mit dem Material auseinander setzen. Viele Dinge laufen dann über Improvisation. Wenn du schon ein fertiges Stück hast, ist das ähnlich wie im Schauspiel, also viel Rollenarbeit, viel Textarbeit. Ich würde sagen, im Kern ist Schauspiel und Puppenspiel sehr verwandt. Du musst beide Male eine Rolle verkörpern oder eine Figur darstellen, nur sind die Mittel andere. Im Schauspiel mache ich das mit meinem Körper und im Puppenspiel habe ich ein Ding oder etwas außerhalb meines Körpers. Ein Ding lebendig werden zu lassen, das ist eine ziemlich hohe Konzentrationsarbeit. Wenn man das dann drauf hat, also diese technischen Sachen vom Puppenspiel und die Freiheit eine Rolle zu interpretieren, dann erst macht es richtig Spaß.

MiR: Wie ist das wenn du mit Oper arbeitest, wo es dann die Partitur gibt, schränkt dich das ein in dieser improvisatorischen Freiheit?

Gloria Iberl-Thieme: Ja, das ist nach wie vor die große Frage. Bis jetzt habe ich "Frankenstein" nur gesehen, da habe ich nicht mitgespielt. Das war schon die Herausforderung für die vier [Puppenspielerinnen], dass sie sich an die Partitur anpassen müssen, Timing zum Beispiel. So habe ich das auch erlebt, als ich mit der Oper [in Weimar] zusammengearbeitet habe, dass diese Szenen eigentlich sehr durchgebaut sind. Die Bewegung der Puppe auf einen bestimmten Ton. Da muss man sehr auf den Punkt sein und das Improvisatorische muss ziemlich zurückstecken.

MiR: Meinst du damit auch den "Perô"?

Gloria Iberl-Thieme: Nein. Bei "Perô" zum Beispiel, das würde ich jetzt auch nicht als Oper bezeichnen. Das war extra für Puppenspiel geschrieben. Da haben wir total viel improvisiert. Es gibt eigentlich eine Textvorlage, aber das haben wir alles rausgeschmissen. Was man auf der Bühne gesehen hat, war von uns erfunden. So waren wir in den Spielszenen total frei. Das war eigentlich ein Theaterstück mit Musik dazu und keine Oper.

MiR: Das heißt, die Idee ist auch, dass das Puppenspiel für sich alleine steht als Sparte und nicht nur mit Musiktheater fusioniert wird?

Gloria Iberl-Thieme: Idealerweise wäre das natürlich so, dass man unabhängig eine Sparte bildet, sich aber in den unterschiedlichen Produktionen auch immer wieder treffen kann. Vielleicht wird es sogar mal passieren, dass ein Musiker beim Puppenspiel mitmacht oder dass ein Regisseur von sich aus sagt, da sind Puppen, ich hab mal Lust, die in meine Produktion dazu zuholen.

MiR: Oder wie in der "Winterreise", die nicht für Puppen gedacht ist, aber in der Inszenierung hier am Musiktheater mit Puppen gezeigt wird...

Gloria Iberl-Thieme: Genau. Das wird sicherlich spannend werden, inwieweit das möglich ist, inwieweit man da so frei mit umgehen kann, dass wir da Platz drin kriegen.

MiR: Was ist deine Beobachtung zu der "Winterreise"? Habt ihr da einen guten Weg gefunden, das zusammenzubringen?

Gloria Iberl-Thieme: Naja, da ist uns jetzt Corona dazwischen gekommen. Wir haben ja nicht zu Ende geprobt. Deswegen kann ich schwer etwas dazu sagen, es wurde quasi abgebrochen. Da haben wir viel dran gearbeitet, sind aber nicht zum Schluss gekommen.

MiR: Hast du auch mit Gewerken hinter der Bühne zu tun gehabt? Zum Beispiel wenn es darum ging, Puppen zu reparieren, sind die auch auf dich zugekommen?

Gloria Iberl-Thieme: Also bei "Perô" kamen die Puppen von außerhalb. Die sind an der Hochschule Ernst-Busch entstanden. Bei der "Winterreise" hat die Bühnenbildnerin das vorab entworfen. Die Bühne bestand aus einer riesigen Puppe, da hatte ich weniger mit zu tun, weil das in ihrer Hand war. Sie hat auch Erfahrung mit diesen großen Puppen. Das ist so ihr Ding. Die kleinen Papierpuppen haben wir teilweise auch selbst angefertigt. Wir haben uns getroffen und ein, zwei Tage daran gebaut; diese Steinböcke und Schafe, ein Reh. Die schönsten haben es dann sozusagen auf die Bühne geschafft.

MiR: Gibt es das Format schon, aus Zeitung und Kleber Puppen zu bauen?

Gloria Iberl-Thieme: Das ist eine Spezialität von unserer Bühnenbildnerin gewesen. An sich gibt es alles schon. Puppenspiel ist dermaßen vielfältig und die Leute sind weltweit und über Jahrhunderte schon so kreativ gewesen, dass es mit Sicherheit Puppen aus Papier gab [lacht].

MiR: Wie beschreibt man die am besten? Sind es Papierpuppen?

Gloria Iberl-Thieme: Es waren eigentlich Figuren. Das Schaf hat ja Gelenke. Das kann man richtig bewegen und es gab kleinere, die waren eher Standbilder.

MiR: Sind die Gelenke dann unter der Zeitung und dem Kleber versteckt?

Gloria Iberl-Thieme: Das ist total primitiv gebaut eigentlich. Dieses Schaf hat in den Armen Stäbe, dann machst du da, wo der Ellenbogen ist, ein bisschen Klebeband drum solange bis es sich bewegt ohne dass es auseinander fällt, mit ein bisschen Draht und so. Die leben davon, dass sie total naiv hergestellt werden. Das macht den Charme aus. Das Tolle ist auch, die fallen immer wieder auseinander, aber das macht nichts. Man kann die genauso schnell wieder reparieren. Wenn der Arm ab ist, dann klebst du ihn halt einfach wieder hin. Ich finde sie ganz toll, ganz ausdrucksstark, weil sie kindlich aussehen, aber kunstvoll gestaltet sind.

MiR: Wir haben vorhin mal über das Timing gesprochen, fallen dir noch mehr Herausforderungen ein, denen du als Puppenspielerin hier am MiR begegnest?

Gloria Iberl-Thieme: Ich kann nur immer auf die unterschiedlichen Arbeitsweisen hinweisen, weil das für mich am prägnantesten hervorsticht. Und dass da viel Verständnis von beiden Seiten erforderlich ist innerhalb so einer Produktion. Dass man weiß, was der andere braucht. Die Sänger kommen mit der fertig gelernten Partitur auf die Bühne, aber für uns beginnt die eigentliche Arbeit auf der Bühne. Ich habe dementsprechend einen ganz anderen Arbeitsrhythmus.

MiR: Erinnerst du dich an Überraschungen in der Arbeit am MiR?

Gloria Iberl-Thieme: Also was absolut faszinierend ist, wenn man mit einem Opernsänger auf der Bühne steht und der legt da richtig los und du merkst, was er für eine Kraft in der Stimme hat. Was das für eine Energie hat so eine Stimme! Das waren Momente, wo ich platt war.

MiR: Was würdest du sagen, was können Puppenspiel und Oper voneinander lernen?

Gloria Iberl-Thieme: Das ist sehr situationsabhängig. Also was ich an dem Metier sehr schätze ist, dass es eigentlich immer sehr bombastisch daher kommt und es auch ist. Das mag ich sehr. Die Disziplin der Sänger ist bewundernswert und toll. Das mag ich. Aber so eine gewisse Arbeitshygiene, eine Konzentration erlebt man eigentlich immer am Theater, nicht nur in der Oper. Es gibt bestimmte Regeln und es herrscht ein gewisser Verhaltenskodex. Das ist bei manchen Probe auch so. Du gehst in diese Probe rein und die vier Stunden bewegst du dich in einem anderen Raum.

MiR: Im Gespräch mit dem Intendanten, sagte er, die Puppe kann Dinge tun, die ein Schauspieler nicht tun kann. Sie haben also so etwas wie Narrenfreiheit?

Gloria Iberl-Thieme: Auf jeden Fall, diese Anarchie, das steht vielleicht in einem Gegensatz zu der Oper und könnte eine fruchtbare Kombi ergeben. Eine Puppe trägt immer ein anarchisches Element in sich. Das kann im positivsten Sinne ein Kontrast sein zur vorgeschriebenen Partitur, an die man sich zu halten hat. Vielleicht könnte das eine durch das andere noch mehr zu Tage treten.

MiR: Oder ich denke, dass es in der Oper ja oft um übersteigerte menschliche Emotionen geht. Da können Puppen auch einen Kontrast zu bilden.

Gloria Iberl-Thieme: Vielleicht. Wobei Puppen auch Emotionen haben…

MiR: Klar, das wollte ich ihnen gar nicht absprechen.

Gloria Iberl-Thieme: Ich glaube, da treffen sich beide Kunstformen. Beide sind sehr zur Übertreibung geeignet. Es gibt ja eine Art Schauspiel, das sehr realistisch ist. Puppenspiel und Oper sind immer sichtbare Theatermittel. Die Puppe und der Operngesang ist ein sichtbares Mittel. Es ist halt ein Unterschied, ob du auf der Straße sprichst oder auf der Bühne singst.

MiR: Kannst du abschließend einen Ausblick geben, wie sich die Sparte in der nächsten Zeit weiterentwickeln wird?

Gloria Iberl-Thieme: Wir sehen zu, dass wir die Sparte weiter ausbauen und uns nach und nach dort ein eigenes Gesicht geben, also als vierte Sparte, die genauso wie Tanz und Oper dort eigenständig funktionieren kann.




Schließen
Zum Anfang

Black Rider

Die Puppen in „Black Rider“ werden in der Inszenierung von Astrid Griesbach zu den heimlichen Drahtziehern des Geschehens, als Buffoni und natürlich als der Teufel. Dieser wird von fünf Puppenspieler*innen geführt, was für einige von ihnen eine neue Erfahrung ist.

 
Zum Anfang
Es könnte alles so schön sein: Die Försterstochter Käthchen und der Amtsschreiber Wilhelm lieben sich und wollen heiraten. Doch Käthchen muss, so will es die Tradition, einen Jäger zum Mann nehmen. Robert, der Kandidat, den ihre Eltern ausersehen haben, widert sie nur an. Also bleibt dem armen Wilhelm nichts übrig, als Schießen zu lernen. Als er merkt, dass er es in dieser Kunst nie weit bringen wird, schließt er in seiner Verzweiflung einen Pakt mit dem Teufel. Und tatsächlich: Wilhelm trifft auf einmal unweigerlich ins Schwarze. Die letzte Kugel aber lenkt nicht Wilhelm selbst …

Auch wenn er inzwischen in die Ewigen Jagdgründe eingegangen ist, lebt Ur-Beatnik William S. Burroughs in den Herzen und Köpfen seiner Fans weiter und hat dank der atmosphärisch-dichten „Black Rider“-Story auch die Bretter, die die Welt bedeuten, erobert. Die alte Volkslegende, die ihm als Vorlage diente, hat schon Carl Maria von Weber zu seinem „Freischütz“ inspiriert. Burroughs’ Figuren wirken mal traumverloren, mal wie im Drogenrausch, sie verstricken sich im Gespinst aus Behauptung, Lüge und Hybris. Tom Waits schrieb dazu eine Musik, die wunderbar schräg und doch poetisch ist, die Songs sind mal folkig, mal rockig, und immer wieder grüßt das Vaudeville. In den schönsten Momenten – wie etwa in der berühmten Ballade „The Briar and the Rose“ – eröffnet uns Waits einen Blick in die tiefsten Tiefen der menschlichen Seele mit ihren unerfüllten Sehnsüchten.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
„[T]emporeich poppig, mit Puppen [...] Langer Applaus für eine höllisch unterhaltsame und kurzweilige Vorführung.“
(Ansgar Skoda, der Freitag, 15.11.2020)

 „[S]ehr außergewöhnliches Stück […] Alles wirkt ziemlich schräg. Besonders an der Inszenierung von Astrid Griesbach sind die Puppen im Stück. Dabei setzt man verschiedene Arten ein. Als Ganzkörperpuppe tritt der Teufel auf. Andere tragen die Menschen am Körper, z.B. die Beine einer Puppe, die durch ihre größenmäßige Verzerrung närrisch wirken. Andere Puppen sind reduziert auf einen Hirsch- oder Wolfskopf.“
Abenteuer Ruhrpott: Musicalprobe „The Black Rider“ im MiR, 12.09.2020.

„So ist also dieser ,Black Riderʼ, dieses nicht mehr spartenübergreifende, sondern fast schon spartenlose Theater, trotz leerem, überaktivem Gewusel an manchen Stellen, trotz Problemen in der Klanggestaltung und obwohl die großen Bilder im großen Saal des MiR vielleicht doch nicht immer groß genug sind – gelungen. Vor allem aber: unserer Zeit angemessen!“
(Andreas Falentin, Die deutsche Bühne, 20.09.2020)

„Dargestellt wird der Gehörnte in diesem Fall von einer Puppe und bis zu drei Spielern, die sie zu einem mitunter gruseligen Leben verhelfen. Die schrillen Kostüme und Puppen von Atif Mohammed Nor Hussein passen zum bunt-schrägen Bühnenbild von Lisette Schürer […] Mit Astrid Griesbach hat das Musiktheater nicht nur eine der renommiertesten Puppentheater-Regisseurinnen des deutschsprachigen Raumes für die Inszenierung gewinnen können, sondern auch eine Regisseurin, die bei Robert Wilson, der bei der Uraufführung im Jahr 1990 im Thalia-Theater in Hamburg Regie führte, hospitiert hat […] Die Puppenspieler Gloria Iberl-Thieme, Daniel Jeroma, Marharyta Pshenitsyna, Merten Schroedter und Seth Tietze hauchen den Puppen wahrhaftig Leben ein und sorgen für das schräge Gesamtkunstwerk.
(Silke Sobotta, StadtSpiegel, 23.09.2020)

 „Das schrill-schräge Meisterwerk der amerikanischen Regie-Ikone Robert Wilson, des Komponisten Tom Waits und des Autors William S. Burroughs ist seit der Uraufführung 1990 im Hamburger Thalia Theater Legende. [...] Gelsenkirchen wird einen ähnlich fantasiereichen, bildgewaltigen, doch ästhetisch ganz anderen Weg gehen. […] In Gelsenkirchen bringt die Berliner Regisseurin Astrid Griesbach mit ,The Black Riderʼ ähnlich starke, opulente Bilder mit einer ganz eigenen Magie auf die Große Bühne... [Die Puppen] mutieren zu den heimlichen Drahtziehern des diabolischen Geschehens […] Den Satan erwecken zwei bis fünf Puppenspieler geschickt zum Leben, lassen ihn sprechen und singen. Das sogenannte Devil-Team […] bewegt den Leibhaftigen vital und elegant vom Horn bis zum Huf […].“
(Elisabeth Höving, WAZ, 18.09.2020)
Zum Anfang

Orfeo

Orpheus Geliebte Eurydike wird in diesem Stück verkörpert von einer Gliederpuppe. Ähnlich wie in dem Stück „Winterreise“ tritt die Puppe in verschiedenen Größen in Erscheinung, sie ist mal winzig klein, dann lebensgroß.

Was diese Inszenierung besonders macht: „L’Orfeo“ ist eine Gemeinschaftsproduktion der Sparten Oper, Tanz und Puppentheater mit den gesamten Ensembles. Giuseppe Spota, Direktor der MiR Dance Company, hat das Gesamtereignis aus Gesang, Tanz und Puppenspiel umgesetzt.
Zum Anfang
Die erste mustergültige Oper der Weltgeschichte handelt von Orpheus, dem Künstler aus der griechischen Mythologie, der, um seine Interessen durchzusetzen, sich Gehör bei göttlichen Autoritäten verschaffen muss. Ohne eigenes Verschulden verliert er den Mittelpunkt seines Lebens, als seine Gattin bei einem Unfall stirbt. Völlig auf sich allein gestellt, nur begleitet von der Hoffnung, gelingt ihm das Unmögliche, er überwindet den Wächter am Tor zur Unterwelt und gelangt zu seiner Frau ins Reich der Schatten. Sie zur Erde zurückzuführen erweist sich schwieriger: sie kann ihm zwar folgen, aber er darf sich auf keinen Fall nach ihr umdrehen …
Zum Anfang
 „Erstmal super offen, die haben sich bisher immer gefreut, wenn wir kamen, weil das natürlich auch für sie etwas Anderes ist, etwas Neues. Ich glaube, das macht allen Beteiligten viel Spaß. Manchmal wundert man sich natürlich über die anderen, kannte vielleicht deren Arbeitsweise bisher nicht oder findet erst im Prozess heraus, was für die wichtig ist. Zum Beispiel das Erarbeiten einer Puppe. Das braucht wahnsinnig viel Zeit und genaue Proben. Manche sind erst mal überrascht, wie viel Zeit das braucht und wie genau da vorgegangen werden muss, während ein einzelner Opernsänger seine Partie nur für sich und schneller gestalten kann. Es hieß einfach oft, Puppen müssen wir extra proben, machen wir dann parallel vorm Spiegel […] Das war oft so, dass wir für uns geprobt haben, parallel wurde mit den Sängern geprobt und dann wurden wir in den Hauptproben zusammen geschmissen.“
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
„[V]on hinreißender Anmut: etwa gleich zu Beginn, wenn Orpheus seine Eurydike als hölzerne Puppe hereinträgt und sie behutsam am linken Rand postiert, so als müsse er sie vor der Welt beschützen. Oder später, nach der Katastrophe, wenn er allein mit ihr an der Rampe sitzt und sie in seinen Armen wiegt wie eine Tote. Das Schreckliche so schön.“
(Jürgen Otten, Opernwelt, 12.2020)

„In Gelsenkirchen schreitet Monteverdis Sänger [Orfeo] tänzerisch in den Hades. Als ganz große Nummer mit Ballett und Puppentheater freilich...die Interaktion mit seiner Euridice, meist eine in vielerlei Größen geführte Holzpuppe ähnlich einem Proportionsmodell für Maler, ist sowohl als Behauptung wie auch als Bühnenwirklichkeit dysfunktional.“
(Manuel Brug, Oper, 12.2020)
 „[…] ein Abend, der seine Momente hat, aber zu viel will und sich im Gedrängel der Sparten verzettelt statt auf die Substanz und Kraft der Vorlage zu vertrauen.“
(Regine Müller, Die deutsche Bühne, 12.2020)

„Es ist die große Kunst dieses Abends, keine konkreten Bilder zu zeigen, aber immer wieder tief in die Stimmungen und Seelenlagen der Protagonisten einzutauchen [...] Nach der Pause entwickelt auch die Inszenierung große Stärken und zeigt, wie viel Potenzial im Zusammenwirken von Tanz, Gesang und Figurentheater steckt.“
(Stefan Keim, Deutschlandfunk, 19.10.2020)

„Als Gesamtkunstwerk der Sparten zelebrieren Giuseppe Spotas Dance Company, die neue Sparte Puppentheater und das Opernensemble Orpheus’ Reise. […] Einmal mehr demonstriert Spotas Ballettkompanie ihre sinnliche Wucht. Nicht einmal der Hades vermag sie zu lähmen, nicht einmal kniehoches Styx-Wasser in Gummistiefeln. […] Das Publikum, über zwei Stunden tapfer durchmaskiert, feierte „L’Orfeo“ einhellig.“
(Lars von der Gönna, WAZ, 18.10.2020)

Zum Anfang

Rico, Oskar und die Tieferschatten

Der Autor Andreas Steinhöfel schuf mit „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ das wohl erfolgreichste Kinder- und Jugendbuch der letzten Jahre. Das MiR zeigt die Theaterfassung von Felicitas Loewe in einer musikalischen Version für Puppe und die kunstvoll gestalteten Figuren kommen beim Zielpublikum gut an.
Zum Anfang
Der zehnjährige Rico aus Berlin-Kreuzberg bezeichnet sich selbst als „tiefbegabt“: Bei ihm dauert das Denken manchmal etwas länger. Damit ist er das genaue Gegenteil seines neuen Freundes Oskar, dem sieben Jahre alten Hochbegabten. Gemeinsam machen sie sich auf die Spuren des Kindesentführers „Mister 2000“.

Zum Anfang
Schließen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
"Für die noch junge Sparte am Opernhaus kreierte Regisseurin Kai Anne Schumacher eine dichte Geschichte, in der Figuren und Spieler gleichermaßen auf der Bühne zu sehen sind. Körper der Schauspieler und Puppenköpfe verschmelzen zu einer aufregend bewegten Einheit, was allerdings phasenweise zu ablenkender Vielschichtigkeit und Gleichzeitigkeit führt, wenn mehrere Puppenspieler eine Figur bewegen [...] Hingucker allemal sind allerdings die wunderbar konstruierten, lebensgroßen Figuren [...]."
(Elisabeth Höving, WAZ, 24.10.2021)

„Warum die Puppen so aussehen hat eher Fragen aufgeworfen. Diese raue Oberfläche und etwas monströse Gestalten. Ich habe mit den Puppen ziemlich gerne gespielt. Und das kam auch bei den Kindern richtig gut an, die haben das total angenommen. Das hat mich überrascht. Unser Hauptpublikum war so zwischen 12 und 15 Jahren, die hatte damit überhaupt keine Probleme“
(Merten Schroedter)
Zum Anfang

Puppen lügen nicht

Zum Anfang

Alien

Zum Anfang

Avenue Q

Sie sind frech, schrill und sie erinnern an die Bewohner*innen der Sesamstraße: die Puppen von Avenue Q. Mit seiner Inszenierung hat das MIR den Broadway ans Opernhaus geholt.
Zum Anfang
Der College-Abgänger Princeton sucht in New York seine Bestimmung. Erschwinglich ist für ihn aber nur die Bruchbude in der heruntergekommenen Avenue Q. Wer hier wohnt, hat keine Erwartungen mehr ans Leben oder klammert sich hartnäckig an den American Dream. Der ehemalige Kinderstar Macaulay Culkin fungiert als Hausmeister, der verkannte Komiker Brian schafft es nicht, über seine Arbeitslosigkeit hinwegzutäuschen und die naive Praktikantin Kate träumt davon, eine eigene Schule nur für Monster zu eröffnen. Die Avenue Q beherbergt nämlich nicht nur die unterschiedlichsten Menschen, sondern auch unterschiedliche Puppen. Und vielleicht findet auch Princeton hier seinen Platz im Leben. In „Avenue Q“ treffen Wünsche und Träume auf die harte Realität der amerikanischen Außenbezirke. In brillanter Musicalverpackung rechnet das Autorentrio mit der Sesamstraße ab. Die fröhlich-ironische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der modernen Gesellschaft wurde mit drei Tony Awards ausgezeichnet.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
„Vor allem lebt die Inszenierung vom Puppenspiel, bei dem die Darstellenden mit ihrem Puppen geradezu verschmelzen müssen, was in Kirchmeiers Inszenierung bestens funktioniert.“
(Dominik Lapp, Kulturfeder.de, 02.06.2021)

„Beeindruckend sind das Spiel mit den Puppen und die dazu passende Mimik von Charlotte Katzer und Nicolai Schwab, die einfach herausragend sind...Definitiv ist das Musical viel zu schade nur für den Stream und vielleicht holt es das Musiktheater im Revier ja in der neuen Spielzeit doch noch einmal zurück auf die Bühne.“
(Silke Sobotta, StadtSpiegel, 05.06.2021)
Zum Anfang

Amphitryon

Menschenspieler*innen führen Götterpuppen und Götterpuppen führen Menschenspieler*innen – in dem Lustspiel "Amphitryon" geht es um Verwandlung und Verwirrung, Projektionen und Selbstinszenierung.
Zum Anfang

Daniel Jeroma über die Puppen in "Amphytrion".

0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
0:00
/
0:00
Video jetzt starten
Zum Anfang
Amphitryon ist erfolgreicher Feldherr und Mensch, Jupiter intriganter Verwandlungskünstler und Gott. Beide begehren die gleiche Frau: Alkmene. In Gestalt ihres Gatten Amphitryon mischt Jupiter die Ehe auf, und auch Amphitryons Diener Sosias macht bei seiner Rückkehr aus dem Krieg Bekanntschaft mit einem göttlichen Doppelgänger. Das Chaos ist perfekt und schon nach kurzer Zeit hat keiner der irdischen Protagonist*innen noch den Überblick über die echte Identität des Gegenübers. Und während die treue Alkmene unter dem vermeintlich begangenen Ehebruch leidet, träumt Sosias‘ Ehefrau vom gesellschaftlichen Aufstieg. Aus dem lustigen Verwirrspiel entspinnt sich aber immer mehr eine Identitätskrise der Figuren. Regisseur Nis Søgaard fragt in Kleists Lustspiel nach der Bedeutung von Krieg und zeichnet den Kampf des Einzelnen für eine erfolgreiche Selbstinszenierung nach. Dabei hält er den Figuren den eigenen Spiegel vor und untersucht den menschlichen Glauben nach höheren Mächten.

Gemeinsam mit der Art-Pop-Band „We Will Kaleid“ präsentiert das MiR Puppentheater mit Masken, Puppen und Objekten einen Literaturklassiker, der mit seinen Motiven rund um die Selbstdarstellungswut der Menschen auch heute Aktualität besitzt.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
 „Ein äußerst heutiger Amphytrion [...] Ihre göttlichen Pendants sind [...] von drei „Pagen“ grandios geführte Figürchen in Kinderformat, die ihre fast farblose, marmorgraue Kontur hinter identischen Masken verbergen. Sie sind, als Projektionsflächen von Amphitryon und Sosias, kaum mehr als Schein-Riesen, die erst durch überzogenes Selbstverständnis und Fremdwahrnehmung Größe und Bedeutung erlangen.“
(Wolfgang Platzeck, WAZ, 10.04.2022)

"Das Musiktheater im Revier (MiR) in Gelsenkirchen hat einen zeitgemäßen Zugang gefunden."
(Achim Lettmann, WA, 12.04.2022)

 „Und das Spiel mit dem Schein treibt Søgaard ziemlich weit im Akustischen wie im Visuellen, mit Puppen und Masken, experimentellem Sound und exaltierten Kostümen. So viel Fläche für Fake! […] Im MiR sind die Götter Puppen – marmorweiß und klein wie Kinder. Und die Menschen tragen Masken – kaum Mimik, keine Falten, Starre im Gesicht. Sie haben sich ihr eigenes Bildnis aufgesetzt, ihr Antlitz inszeniert […] Bei zu viel Schein stellt sich einfach nicht mehr die existenzielle Frage nach Identität. [...] Maske gegen Puppe. Aber es gibt sie auch, diese wenigen zerbrechlichen Momente, die Menschlichkeit zeigen. Und es sind die Puppen, die Emotionales durchfunkeln lassen, genauer gesagt, die Puppen und ihre Spieler*innen.“
(Sarah Heppekaus, fidena.de, 27.04.2022)

Zum Anfang

Jauchzet, frohlocket

Das Stück gleicht einem Kaleidoskop, in dem Puppen in vielerlei Gestalt zu Wort kommen. Sie erzählen zum Beispiel, dass manche Dinge nur deshalb zu ihrer Größe gelangen, weil an sie geglaubt wird. Das gilt für Puppen ebenso wie für Päpste oder das Gute im Menschen. Auch das Grausame bekommt einen Platz und hat doch - wie zwei Soldaten zeigen - im Ernst auch die Komik.

Zum Anfang
Eine große Tafel, an der die Menschen sitzen, zusammenkommen. Gemeinsam feiern sie ein Fest. Was aber ist, wenn plötzlich Unbekannte hinzukommen? Dürfen sie Platznehmen, mitfeiern? Die Geschichte der Heiligen Familie, die vergeblich um eine Unterkunft bittet, ist Sinnbild für das Ankommen, Sinnbild für das Fremdbleiben der Menschen in der Gesellschaft. Gleichzeitig ist sie mit der Geburt des Kindes Jesus Ursprung des christlichen Glaubens, der sich in der Vorstellung von der Erlösung durch ein Kind manifestiert. Was bedeutet die Geschichte vom christlichen Messias heute? Woran glauben wir, was gibt uns Kraft und wovon sollten wir erlöst werden?

Als eindrückliches Zusammenspiel von Gesang und Puppentheater befragt „Jauchzet, frohlocket!“ unsere Vorstellungen vom Leben, entlarvt Machtverhältnisse und wagt so einen kaleidoskopischen Blick auf unsere Gesellschaft. Generalintendant und Regisseur Michael Schulz verbindet Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium mit Werken weiterer Künstler. Dabei lässt er christliche Texte auf heidnische Verwünschungen treffen und setzt sich mit der Bedeutung des Glaubens in unserer Gesellschaft auseinander. Als spartenübergreifende Produktion von Musiktheater und Puppentheater beleuchtet „Jauchzet, frohlocket!“ bildgewaltig die vielschichtigen Themen des Oratoriums und setzt so ein Zeichen für eine heterogene Gesellschaft und für Diversität.
Zum Anfang
Schließen
Ich bin damit einverstanden, dass mir YouTube Videos gezeigt werden. Mehr Informationen

Um externe Dienste auszuschalten, hier Einstellungen ändern.

Zum Anfang
Schließen
Vorher/Nacher Ansicht

Vorher/Nachher-Ansicht starten
Zum Anfang
„Diese Aufführung ist ein Statement – und auch so etwas wie eine Leistungsschau [...] Dabei können die fünf Spielerinnen und Spieler sich auch als Schauspieler profilieren, etwa im mundartlichen Hexengeschrei zu Beginn. Später ist es wunderbar zu erleben, wie Daniel Jeroma sich mithilfe eines Stuhls, eines Tuches, eines Stabs und eines Totenkopfes in den machtgierigen Papst Bonifazius VIII. verwandelt, der dem gekreuzigten Jesus nicht begegnen mag, weil er die dafür notwendige Demut nicht im Repertoire hat. Die andere Szene, der bethlehemitische Kindermord, beginnt mit einem Puppen-Herodes im blauen Glitzeranzug. Die ihm zuhörenden Weisen aus dem Morgenland sind durch auf der Bühne sekundenschnell zu riesigen Gesichtern zusammengefügte Holzstücke präsent. Daran schließt sich ein Dialog zweier Soldaten an, von denen einer den Kindermord nach Befehl nicht mehr ertragen kann und von dem anderen getötet wird; und der – masken- und puppenlose – sehr intensive Monolog einer jungen Frau (Gloria Iberl-Thieme), die durch den Verlust ihres Kindes den Verstand verloren hat und ein Lamm für ihr überlebendes Kind hält, wovon sie Maria erzählt. Alle drei Szenen scheinen die Stadttheaterbühne zu sprengen und nach Dorfplatz zu schreien, nach einem nicht intellektuell oder politisch gesteuerten Gemeinschaftsort, wo schlichtes Erleben möglich ist.“
(Andreas Falentin, Die Deutsche Bühne, 05.12.2021)

Das Puppenspiel (Entwurf und Bau: Martina Feldmann und Bodo Schulte) als solches nimmt bei Jauchzet, frohlocket!, entgegen der Erwartung, einen ziemlich geringen Raum ein: Es bleibt bei einer Kaukautzky-Puppe, die mit lilafarbenem Glitzer den herrschsüchtigen König Herodes darstellt, und zwei Kinderpuppen, nämlich einem blonden Jungen im karierten Hemd und seiner um einen Kopf kleineren Schwester oder Freundin, einer Puppet of Color, die er – dramaturgisch fragwürdig – am Ende der ersten Hälfte mit einer Pistole erschießt, nur damit sie sich in der zweiten Hälfte wieder lieb haben können. Diese zwei Puppen werden ungemein einfühlsam animiert, man begreift aber nicht, wen sie konkret repräsentieren oder was sie symbolisieren sollen. Dabei sollten im Zentrum der Inszenierung erklärtermaßen nicht zuletzt die Fragen stehen, wie wir heute mit Kindern umgehen, wie Kinder unter bestimmten (religiösen) Machtverhältnissen leiden und ob sich die Kirche – endlich – ihrer besonderen Schutzverantwortung gegenüber Heranwachsenden stellt... Weiterhin bleibt der auffällige und durchaus virtuose Einsatz von Masken, etwa den überlebensgroß zusammengestückelten drei Weisen aus dem Morgenland oder den Soldat:innen des Kindermords, leider nicht mehr als optische Abwechslung, ,dekorativeʻ Zwischenspiele ohne tieferen Sinn.“
(Helge Sigurd Kreisköther, Fidena.de, 06.12.2021)

„In der spartenübergreifenden Produktion von Musiktheater und Puppentheater geben, spielen, bewegen die Mitglieder des Puppenspielstudios nicht nur die beiden Kinder, sondern verkörpern auch wenig später in einem der aufregendsten Momente der Inszenierung den selbstherrlichen Papst ,Bonifazius VIIIʻ  als Totengräber des christlichen Glaubens.“
(Wolfgang Platzeck, WAZ, 06.12.2021)
Zum Anfang

Hören Sie auf dieser Seite Meinungen aus dem Premieren-Publikum von „Jauchzet, frohlocket!“

0:00
/
0:00
Audio jetzt starten
Zum Anfang

Vollbild
MiR:
Die Puppen und Masken kamen in verschiedenen Formen vor. Kannst du sie skizzieren in technischer, aber vor allem inhaltlicher Sicht?

Anna-Maria Polke:
Bei „Jauchzet, frohlocket!“ haben wir mit vielen verschiedenen Materialien, Puppen und Figuren gearbeitet, die sich mitunter aus verschiedenen Gegenständen zusammengebaut haben, die vorher Teil der Szenerie waren. Beispielsweise waren die Bestandteile der Figur Papst Bonifazius VIII. zuvor sichtbar: Aus einer Tischdecke wurde im nächsten Moment sein ein Umhang, aus einem Holzstuhl sein Körper, aus einem Besenstiel der Hals. Hinzu kam ein mit Strasssteinen besetzter Skelettkopf, der an das Kunstwerk von Damien Hirst erinnern sollte. Martina Feldmann hat diesen Kopf so bearbeitet, dass er durch einen Ziehmechanismus sein Gebiss bewegen und dadurch sprechen konnte. Geführt wurde die Puppe vom gesamten Puppenspielensemble. Andere Figuren des Abends wurden mit als konkrete Puppen dargestellt. Es gab beispielsweise die Figuren von zwei Kindern, die als Vierfüßler-Puppen aufgetreten sind, Herodes, der eine Kaukautzky-Puppe war. Die Figuren der Soldaten wurden mit Mitteln des Maskentheaters umgesetzt. Die Wahl für eine bestimmte Puppenform hatte immer etwas mit der Konzeption und der Bedeutung der jeweiligen Rolle zu tun.

MiR:
Das ist interessant, weil bei den Soldaten kann man sich durchaus fragen, sind das Puppen oder eher Masken?

Anna-Maria Polke:
Maskentheater ist ein Element des Puppentheaters. Der Körper des Spielenden dahinter bleibt sichtbar, aber sein Kopf verschwindet hinter dieser Maske. Die Maske wird zum Gesicht und zwingt den Körper zu großen, figurenhaften und künstlichen Bewegungen. Es entsteht ein spannendes Zusammenspiel von Körper und Material. Auch in „Amphitryon“ arbeitet Regisseur Nis Søgaard mit Masken, genauer gesagt mit Halbmasken. Hier bleibt der Mund frei, das eigene Gesicht verschmilzt quasi mit der Maske. Maskentheater erzeugt eine abstrakte Überhöhung und Künstlichkeit der Figuren. Sie ermöglicht, eine Komik in der Ernsthaftigkeit und gleichzeitig auch eine Tragik in der Rolle zu zeigen.

MiR:
Dann gab es ja noch die Drei Weisen. Dazu hatte ich in einigen Rezensionen gelesen, dass sie mehr als dekorative Elemente wahrgenommen worden seien. Was wolltet ihr damit erzählen?

Anna-Maria Polke:
Die Drei Weisen sind im Gegensatz zu Herodes die „guten“ Könige. Sie stehen nicht für bösen Reichtum, für den Bonifazius VIII. oder Herodes stehen. Bei „Jauchzet, frohlocket“ sind es Großmasken, die durch das Zusammenfügen ihrer Einzelteile durch drei bis fünf Darstellende erst entstanden sind. Sie zeigen, wie schnell Systeme aufgebaut werden und wie schnell sie wieder zerfallen können. Je nachdem, ob man daran glaubt oder will, dass sie entstehen. Die Könige selbst hatten keine Text, ihre Stimme haben sie durch den Chor erhalten haben. Insofern waren sie für uns natürlich mehr als dekoratives Element.  Im Gegensatz zu ihnen steht Herodes, der durch die Umsetzung als Kaukautzky-Puppe lächerlich und klein wirkt. Herodes steht für die totale Macht und ihre Auswirkungen. Wer sich seinen Befehlen widersetzt, wird umgebracht. Das zeigt sich ja deutlich bei den Soldaten: Wer hinter die eigene Maske des Befolgens blickt, zerbricht. Die Kinder wiederum nehmen in dem Abend eine ganz andere Ebene der Figuren ein. Sie speisen sich aus den Projektionen der Gesellschaft auf Kinder. Welche Wünsche und Hoffnungen hat man für sie, welche legt oder legte die Gemeinschaft auf das Jesuskind? Es geht bei den beiden metaphorischen Figuren um Erwartungshaltungen, die man heute an Kinder stellt und zu denen auch immer wieder gesellschaftliche Ungerechtigkeiten hinzukommen. Da spielt auch die Frage von Diskriminierung eine Rolle. Inwiefern hat der Geburtstort des Kindes Einfluss auf seine Chancen? Kommentiert wird diese Thematik beispielsweise durch die Musik: Eislers „Lied einer proletarischen Mutter“ besingt die Ungerechtigkeiten auf der Welt und schlägt damit aber wieder den Bogen zu den anderen Figuren des Abends wie zu der sich im Reichtum badende Papst beispielsweise. Die beiden Kinderpuppen sind in ihrer Gestalt sehr puppenhaft, fast schon perfekt gebaut und gestaltet. Ziel war es, sie so makellos zu gestalten, dass man alles Mögliche in sie hineinlesen und projizieren kann.

MiR: Inwiefern sind die Figuren in dem Stück bildhaft zu sehen. Herodes z.B. ist ja weniger realistisch, er ist stattdessen klein, tritt auf wie ein Entertainer...

Anna-Maria Polke: Natürlich sind die Figuren mitunter auch wie Schablonen und Stellvertreter zu sehen und zu lesen. Herodes beispielsweise ist eher eine Karikatur einer furchtbaren Führungspersönlichkeit. Ich habe dieses Spiel mit den Größenverhältnissen, das sich mit den Mitteln des Puppentheaters durch den gesamten Abend zieht, auch immer in Verbindung mit der Hoffnung gesehen, die Bele Kumberger im „Lied von der Moldau“ von Hanns Eisler und Bertolt Brecht besingt: Die Hoffnung, dass das Große nicht mehr groß und das Kleine nicht mehr klein ist. Durch die Darstellung der vermeintlich Mächtigen als Kleine „Witzfiguren“ enttarnt das System und deckt die Lächerlichkeit solcher Figuren auf.

MiR:
Bonifazius VIII. hingegen ist übergroß...

Anna-Maria Polke:
Das stimmt. Aber er ist eben auch nur so groß, weil die Menschen ihn Großwerden lassen. Würden nicht fünf Leute stehen und ihn formen, verlebendigen und im wahrsten Sinne des Wortes hochhalten, wäre er auch ganz klein, ja gar nicht existent. Genau für die Übersetzung solcher Machtstrukturen bietet sich das Puppentheater und in dem Fall eine Puppe an, die erst durch das Zutun der Menschen entsteht. Aus Materialien und bestimmten Dingen entsteht eine Figur, ein Popanz, der als Sondermacht fungiert. Darunter kann man natürlich auch das System „Kirche“ allgemein verstehen. So schnell der Papst aufgebaut ist, so schnell zerfällt er auch wieder. [...] Ich glaube, weil dieser Abend so viel Innerlichkeit darstellt und nach außen kehrt, also innere Einstellungen, innere Abgründe, innere Verschlossenheit gegenüber anderen oder gegenüber dem Unheil in der Welt. Da nimmt das Puppentheater genau diese Verschlossenheit und knackt sie und macht dadurch die Eigenschaften sichtbar, die man normalerweise bei so einem Fest vor der Tür lässt. Das Puppentheater ist bei „Jauchzet, frohlocket!“ also immer wieder Störfaktor, der die unbequeme Wahrheit unseres Zusammenlebens und der menschlichen Abgründe auf den Tisch bringt.  
Schließen
Zum Anfang

Benjamin Hoffmann

Benjamin Hoffmann wurde 1991 in München geboren und studierte ab dem Sommersemester 2014 bei Prof. Rachel Robins an der Folkwang Universität der Künste, nach anfänglichem Studium bei Prof. Jan-Hendrik Rootering. Den ersten Gesangsunterricht erhielt er von Anton Rosner und Hartmut Elbert, während dieser Zeit war er Mitglied der Bayerischen Chorakademie. 2011 gehörte er zu den Preisträgern beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Er wirkte bei verschiedenen Projekten der Folkwang Universität mit, unter anderem als 1. Kommissar in „Dialogues des Carmélites“ von Francis Poulenc und 2014 als Peter Quint in „The Turn of the Screw“ von Benjamin Britten. Seine erste Bühnenerfahrung außerhalb der Hochschule sammelt er als Deputierter in „Don Carlo“ von Giuseppe Verdi und als Robert der Gärtner in „Das Feuerwerk“ von Paul Burkhard am Theater Hagen. Ferner war er 2014 und 2015 als Solist in der Kinderoper „Die Reise zum Mond“ von Jacques Offenbach (arrangiert von Erik Kross) und als Tobias in Lortzings „Undine“ (ebenfalls arrangiert als Kinderoper) zu hören. Danach führte ihn diverse Engagements ans Theater Dortmund, ans Aalto Theater Essen und ans Düsseldorfer Schauspielhaus, wo er unter anderem als Ari Leschnikoff in „Comedian Harmonists" zu sehen war. Seit 2019 ist er Mitglied im Jungen Ensemble des MiR.
Zum Anfang

Vollbild
MiR: Was waren deine ersten Erfahrungen mit dem Puppenspiel am Musiktheater?

Benjamin Hoffmann: Ich hatte das Vergnügen gleich als erstes im "Frankenstein" schon mit einer Riesenpuppe konfrontiert zu werden. Das war doch ein sehr starkes Erlebnis, weil ich vorher unter Puppenspiel nur an die Augsburger Puppenkiste gedacht habe. Das ist natürlich was ganz anderes als dann wirklich diese lebensgroße echte Puppe zu sehen, die von drei Puppenspielerinnen gespielt wurde. Das war schon sehr eindrucksvoll.

MiR: Und danach kam „Drei miese fiese Kerle“...

Benjamin Hoffmann: Genau. „Drei miese fiese Kerle“ das war dann das Kinderstück. Das war als Erstes so, dass ich gedacht habe als mir gesagt wurde, dass ich eine Puppe spielen soll, dass das natürlich eine Puppenspielerin macht und ich singe von der Seitenbühne. Und dann kam für mich die Überraschung: Ah, ich darf selber spielen und ich bekomme ein Coaching. Ich habs mir ehrlich gesagt etwas einfacher vorgestellt. Es ist nicht so leicht, wie es dann bei den Puppenspielern aussieht.

MiR: Was war für dich dabei besonders herausfordernd?

Benjamin Hoffmann: Ich hab eine Katze gespielt und die hat sehr starke prägnante Augen gehabt. Das heißt, der Blick war sehr wichtig und erst mal zu checken, wie halte ich meine Hand, damit die Puppe in die Richtung guckt, in die sie gucken soll. Sich hineinversetzen in die Puppe, wo sie gerade hinguckt, was sie gerade erlebt das war schon sehr schwierig, weil man natürlich die ganze Zeit nicht so abschätzen konnte, wie es dann aus dem Zuschauerraum wahrgenommen wird und wie es von vorne aussieht. Man ist doch sehr auf die Puppe fokussiert und hat sich den Spiegel von außen erst mal erarbeiten müssen.

MiR: Wie hast du das eingeübt?

Benjamin Hoffmann: Tatsächlich vorm Spiegel und ich hatte auch einen sehr lieben Coach: Gloria Iberl-Thieme, die mir da wirklich sehr geholfen hat und mich auch sehr unterstützt hat. Sie hat mir ein paar Basic Tipps gegeben, damit das für mich überhaupt möglich war.

MiR: Was waren das für Tipps?

Benjamin Hoffmann: Impulse. Impulse sind wahnsinnig wichtig. Also ich dachte am Anfang, dass die tote Puppe unbedingt lebendig sein muss und dachte, je mehr Bewegung desto besser. Aber in Wirklichkeit ist es dann so, dass es viel wichtiger ist, präzise, klare, einfache Bewegungen zu haben, die der Puppe sozusagen eine Ernsthaftigkeit geben und eine Authentizität, damit eine Rolle auf der Bühne entsteht.

MiR: Was hast du Neues gelernt bei der Erarbeitung?

Benjamin Hoffmann: Tatsächlich eben gerade, dass man nicht so viele Bewegungen macht, sondern dass es lieber drei, vier, fünf einfache Bewegungen, die klar sind und die funktionieren und die der Puppe den entsprechenden Charakter geben, den sie braucht. Und nicht so viel zu zappeln, das habe ich vor allem gelernt.

MiR: Wie ist das für dich, in der "Winterreise" mit einer Großpuppe zu arbeiten?

Benjamin Hoffmann: Die zwei Meter große Puppe bei "Frankenstein" war schon wirklich eindrucksvoll. Das erste Mal auf der Probebühne bei der "Winterreise" war es dann so, dass die ganze Bühne mit etwas voll gestellt war. Mit etwas, wo ich erst mal nicht wusste, was das ist. Bis ich dann von vorne gesehen habe, dass das eine Riesenpuppe ist, die acht, zehn Meter lang ist und auf der Probebühne sämtlichen Platz eingenommen hat. Das war dann nochmal die Steigerung von eindrucksvoll, das war gigantisch. Das hätte ich nicht gedacht, dass so etwas möglich ist zu bauen und zu bespielen. Die Puppe wird von fünf Puppenspielerinnen gespielt wird, die an verschiedenen Seilen der Puppe Bewegungen erlauben. Das ist schon wirklich wirklich eindrucksvoll.

MiR: Erinnerst du dich an Reaktionen auf das Puppentheater?

Benjamin Hoffmann: Bei "Frankenstein" war das durchweg positiv. Ich weiß noch nach der Premiere, die wurden richtig gefeiert. Und auch zurecht, weil das für sie eine Scheiß-Arbeit war. Vor allem weil das Stück eigentlich anders konzipiert war. Sie mussten nicht nur die Puppe führen – also nur (lacht) – sondern dazu auch die Texte rezitieren und selber noch einzelne Rolle einnehmen und zusätzlich dazu noch singen. Das war eigentlich eine schwere Aufgabe für sie, aber die haben sie meisterhaft geschafft und das wurde sehr honoriert. Auch Freunde von mir waren drin und waren hin und weg. Die waren sehr beeindruckt davon, wie wahnsinnig lebendig so eine Puppe werden kann und wie menschlich. Frankenstein hatte auch wirklich was von einem verletzten Menschen, der da leiden musste.

MiR: Wie waren die Reaktionen bei deiner Umsetzung der Katze in „Drei miese fiese Kerle“?

Benjamin Hoffmann: Das war sehr schön. Das war ja ein Kinderstück und Kinder reagieren viel prompter und direkter darauf. Sobald die Katze überhaupt nur aufgetaucht ist von der Seite dann war das: „Ah, da ist die Katze“. Das war schon schön, weil man sich doch gerade bei Kinderstücken über so direkte Äußerungen irgendwie freut, dass es direkt wahrgenommen wird und auch akustisch für den Darsteller.

MiR: Ist das Puppenspiel für dich an der Oper neu oder gehört es schon dazu?

Benjamin Hoffmann: Bei "Frankenstein" hat es super gepasst. Frankensteins Monster als Puppe darzustellen ist natürlich genial, weil das wirklich ein toter Gegenstand ist, der durch die Spielerinnen zum Leben erweckt wird. Das ist schon genial und passt auch wunderbar. Ich weiß nicht wie das bei anderen Stücken ist, ob es da auch die Möglichkeit gibt. Es war am Anfang neu, aber mittlerweile finde ich, es könnte mehr Stücke geben, die das bieten. Das macht ja auch Oper oder Theater an sich aus, dass man die Möglichkeit, die eine Puppe bietet und was einem dadurch an spielerischer Natur gegeben wird, dass das mehr genutzt wird. Ich glaube wirklich, das wird sich auch etablieren.


Schließen
Zum Anfang

Requisite: Leiter Thorsten Böning

Die Arbeit an den Puppenkostümen, die am Haus selbst entstehen, findet nicht nur in der Kostümabteilung statt, sondern auch in der Abteilung Requisite. In der Produktion "Winterreise" gibt es etwa eine Reh-Figur (siehe Hintergrundbild), unter dessen Gestell eine Puppenspielerin steckt. Das Kostüm stellt beispielhaft dar, dass Puppen die Grenzen zwischen Requisite und Kostüm sprengen. So waren verschiedene Bereiche am Musiktheater an dessen Entstehungsprozess beteiligt. Thorsten Böning leitet die Abteilung Requisite: "Beim Reh haben wir ein Rückengestell, da haben wir alles drauf gebaut. Der Kopf ragt weit über den Menschen hinüber nach oben, da kann man wie bei einer Klappmaulpuppe den Mund bewegen. Das haben wir kompeltt modelliert und gebaut."
Die Abteilung Requisite kann auf keinerlei Vorerfahrung mit Puppen zurückgreifen: "Wir tasten uns da so langsam ran. Wir haben von der Bühnenbildnerin für das Reh ein kleines Bild in DIN A5 als Figurine bekommen. Demnach haben wir das gebaut. Das Geweih haben wir aus dem Fundus, den Kopf haben wir so leicht wie möglich gebaut, beim Gestell hat die Schlosserei fürs Schweißen ausgeholfen. Das ist dann so ein kleiner Entwicklungsprozess wie das ja oft ist auch bei Requisiten, die so ein bisschen erfunden werden müssen erst mal."

Auch Reparaturen hat die Abteilung schon vorgenommen, etwa an der Puppe aus der Oper "Frankenstein": "Die Frankenstein-Puppe hat ein paar Mal auf dem OP-Tisch hier in der Requisite gelegen." Hilfe und die notwendigen Ersatzteile kamen dazu von den Puppenbauer*innen. Geht es aber um den Puppenbau im Haus, betont Böning: "Da braucht man eine gewisse Zeit, bis man sich eingearbeitet hat. Von daher wäre meine Vorstellung, wenn Puppen hier im Haus enstehen sollen, dass es eine eigene Puppenwerkstatt geben müsste, mit einem versierten Menschen, der das schon ein paar Mal gemacht hat. Die Werkstatt könnte an die Requisite angegliedert sein. Denn die Materialien, Werkzeuge und Maschinen sind sehr ähnlich. Wir müssten das nur räumlich und personell erweitern."

Auch wenn sich Strukturen für den Puppenbau am Haus in den kommenden Spielzeiten noch entwickeln und verändern werden, für Böning steht fest: "Irgendeine Lösung findet man immer".
Zum Anfang

Kostümabteilung: Karin Gottschalk

Die Kostümabteilung arbeitete an den Kostümen für die Winterreise, in die die Puppenspielerinnen schlüpfen und dabei quasi selbst zu Puppen werden. Die Leiterin Karin Gottschalk über eine dieser Puppen [siehe Hintergrundbild]: "Bei der Graspuppe gibt es einen Unterbau, darauf haben wir mit Material aufgearbeitet, haben wattiert, damit die Puppe diesen Umfang kriegt. Dass wir mit Materialien spielen können, das ist eigentlich nichts Neues. Aber natürlich muss man immer auf die Bedürfnisse der Puppenspieler eingehen, ob er am Boden sich rollt oder ob er steht, sitzt oder liegt, dass er auch gut sehen kann und sich darin bewegen kann. Wir sind immer an neuen kreativen Lösungen dran und die setzen wir auch um.
Das sind wir gewohnt, dieses Eingehen auf Bedürfnisse, was gebraucht wird, was muss eine Figur machen, was muss sie können und so weiter. Da sind wir flexibel. Es gehört zu unserem Beruf dazu, diese Elastizität zu haben."
Zum Anfang

Ton

Jan Wittkowski hat für die Tonabteilung den Puppen in „Amphitryon“ zu ihrer Bühnen-Stimme verholfen und weiß daher, was im Figurentheater für die Tonabteilung besonders herausfordernd ist. Er erzählt, dass die Puppen in „Amphitryon“ Halbmasken tragen und zugleich Mikrofone. Die Tonabteilung hat sich langsam herangetastet, um herauszufinden, wo die Mikrofone am besten sitzen. Letztendlich wurden sie unter den Masken befestigt. Das ist aber nicht die einzige Herausforderungen für ihn und seine Kollegen.
Wenn eine Puppe auf der Bühne lebendig wird, ist das oft die Arbeit mehrerer Puppenspieler*innen. Sie sprechen dann manchmal im Chor und manchmal alleine, mal dicht beieinander und mal nicht.

Zum Anfang
Scrollen, um weiterzulesen Wischen, um weiterzulesen
Wischen, um Text einzublenden
  • Autorin: Inga Trost

    Bildrechte: Anna Chernomordik, Anna Chernormordik, Bettina Stöß, Björn Hickmann, Inga Trost, Isabel Machado Rios, Karl und Monika Forster, Kiko Dionisio, Marcel Urlaub, Matthias Jung, MiR, Monika und Karl Forster, Pedro Malinowski, Philipp Jüttner, Sascha Kreklau, Simon Baucks

    ImpressumMusiktheater im RevierDatenschutz